Hallo,
ohoh....
Wollte eigentlich nix mehr dazu sagen, grad, nachdem Jürgen nach
einmaliger Blutabnahme stolz berichtet, daß sein TA sich auf eine Therapie einlassen will.
Darum fand ich den Beitrag von Bine sehr gut. Besonders auch nochmal der Hinweis auf die natürlicherweise starken SChwankungen der Werte und daß es eigentlich obsolet ist, aufgrund einer einmaligen Bestimmung dieser gleich eine Substitution vorzunnehmen.
Ich werd mich vermutlich, wie auch immer ich es drehe und wende, in die Nesseln setzen.
Denn vergleichbar mit der großen Mode ADHS beim Kind, kommt mir das mit der Hypothyreose beim Hund auch manchmal so vor.
Also seid nett zu mir, ich geb jetzt ja auch nur wieder, was wissenschaftl berichtet wird
Die Schilddrüse und ihre Regelmechanismen sind wirklich außerordentlich komplex und für den "normalen" Mediziner schon schwer verständlich, für den medizinischen Laien von daher eher kaum erklärlich. Zu recht, es gibt ja Leute, die Endokrinologie so spannend finden, daß sie sich hauptberuflich damit beschäftigen
Also nicht desto trotz habe ich dieser Tage einen dieser endokrinologisch tätigen Kollegen zu der Problematik interviewt, weil ich auch befürchtet habe, daß man meinem Fachwissen auf den Zahn fühlen würde
. Und auch für mich haben einige neue oder deutlicher betonte Aspekte einiges wieder ins wanken gebracht.
sijuto hat geschrieben:an Eddi gern die Frage stellen würde, wie die Referenzwerte überhaupt festgelegt wurden? Die einschlägige Literatur weist darauf hin, dass die Referenzwerte bei Hunden unterschiedlicher Rasse / Größe, Alter und Geschlecht, Hormonstatus und Trainingszustand unterschiedlich sind. Der Referenzbereich für die unterschiedlichen Tiere aber nicht ermittelt wurde.
Grundsätzlich sind die Grenzwerte schlicht nach Häufigkeit ermittelt, einfach Gaußsche Verteilungskurve nach vielen erhobenen Werten gemalt. Wie ja eigentlich immer bei solchen Referenzwertermittlungen.
Die Labors stehen wohl zu ihren Grenzwerten, in denen die unterschiedlichen Rassen und Trainingszustände erfasst sind. Es steht zB bei meinem Labor immer dabei, daß gut trainierte Hunde und bes. Windhundrassen eher im unteren Bereich anzusiedeln sind, ohne daß man sich etwas dabei denken muß. Dies deckt sich auch mit meinen rein persönlichen Beobachtungen bei meinen ATs, die immer gut trainiert waren (laufen beim Reiten täglich dutzende km) und ohne klinische Symptome bestenfalls die unteren Thyroxin-Grenzwerte erreicht haben.
Tenor ist auch, daß alles was ich schon mehrfach betont habe (mehrfache Blutabnahme unter verschiedenen Bedingungen!; suchen einer Grundkrankheit, die zu erniedrigten Werten führt; Verhaltensauffälligkeiten immer auf andere -wahrscheinlichere- Ursachen abzuklären) das wichtigste ist. Junge Hunde, die wachstumsmäßig und intellektuell keine Defizite aufweisen, sind mit einer funktionierenden Schilddrüse geboren. Diese braucht Jahre, um eine Unterfunktion klinisch manifest zu zeigen.
sijuto hat geschrieben:das Schilddrüsenhormon nicht der Grund und eine Substitution würde nicht helfen.
Tut sie aber trotzdem ...
T4-Gabe führt grundsätzlich zu Besserung, da der gesamte Stoffwechsel angeregt und auch das psychische Wohlbefinden dadurch erhöht wird. Jedoch heißt dies leider nicht im Umkehrschluß, daß tatsächlich mangelnde Schilddrüsenfunktion die Ursache war, nur weil die Symptome damit verbessert sind.
Ernsthafte Unterfunktionen gehen auch mit deutlichen Veränderungen am Blutbild (Anämie) einher.
Solange TSH nicht erhöht ist (hier irrt Bine, TSH ist das Hormon, welches die SChilddrüse zur Arbeit animiert und wenn sie zuwenig schafft, wird TSH vermehrt gebildet!) und die Referenzwerte eingehalten sind, sind die Endokrinologen davon überzeugt, daß irgendwo anders im System der Hase im Pfeffer liegt und die SChilddrüse nicht selber Ursache des Übels ist.
Natürlich ist gerade bei Hormonen stets zu berücksichtigen, daß erstens extreme SChwankungen da sein können, die Aktivitäts- ,tagestzeitlich oder verbrauchsabhängig sind, sowie daß sich auch gerne Erkrankungen nicht lehrbuchhaft darstellen.
Summasumarum ist dem Ermessen hier jeglicher Spielraum gewährt; notfalls: wer heilt, hat recht.
Mein Fazit daraus (was ich auch Besitzern immer empfehle):
- gründliche Suche nach möglicherweise zu grunde liegenden pysiologischen und psychosozialen Beschwerden
- mehrfache Wertebestimmung über einen längeren Zeitraum
- dann erst Substitution
- immer ein bißchen ein schlechtes Gewissen ,weil man keine andere Ursache gefunden hat und nun nicht im Einklang mit den Labormäusen steht, die meinen,daß eine primäre Unterfunktion bei jungen erwachsenen Hunden (unter 5 Jahren) fast(! wie gut, daß man hier alles rein packen kann, wenn es eigene oder bekannte Hunde betrifft *stirnwisch!*) nicht vorkommt
Das ganze ist aufwendig und damit teuer. Letzendlich scheitert es an oft dem Willen der Besitzer, wenn doch ein paar Tabletten schon was bringen. Und leider auch am Willen (über die Kompetenz will ich lieber nicht urteilen) der TÄs, denen das schonend klar zu machen.
Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll, daß ganz klar klinische Besserungen bei scheinbar ausdiagnostizierten Hunden vorliegen, aber die Referenzwerte und die Endokrinologen das anders sehen. Da denke ich dann, gut, wenns hilft. Aber ich betone auch gern, daß substituierte Hunde regelmäßig nicht nur auf ihre aktuellen Werte hin gecheckt werden, sondern auch Nierenfunktion etc überprüft wird, denn hier warnen die Endokrinologen, daß falsche Substitution sehr wohl SChäden verursacht (Bluthochdruck mit nachflogenen Herz- u Nierenerkrankungen). Letzteres wurde mir beim Gespräch mit dem Kollegen nochmal eindringlich ans Herz gelegt. Wenn schon keine Grundkrankheit gefunden wird, und T4-Gabe die letzte Möglichkeit scheint, so zumindest die nicht allzu sorglos handhaben. Das war mir so deutlich nicht bewusst. Also gebe ich das hiermit weiter an alle gut eingestellten Wuffels.
Romanende
LG
Eddi