Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

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Ira
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Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Ira » Di 18. Sep 2012, 20:43

Hallo liebe Airedale-Freunde,
ich möchte über Hummels Krankheitsgeschichte berichten, falls irgendwo da draußen noch ein Hund mit dieser Problematik herumlaufen muss. Mir hätte so ein Bericht damals sehr geholfen.
Im Alter von etwas über 2 Jahren bekam meine bis dahin putzmuntere Hündin nach einem Spaziergang einen regelrechten Panikanfall. Ich musste sie abduschen und sie fing plötzlich an zu schreien und zu bellen, sie bellte mich an, ich war verdattert und hatte sogar Angst vor ihr. Danach war sie verstört und hat dauernd zur Haustür hinausgeschaut und das "Böse" gesucht. Als es nach ca. 3 Wochen wieder passierte, hab ich die Leine abgemacht und sie rannte um mich herum, ständig schreiend und bellend. Stellt es Euch richtig richtig schlimm vor!!! Jetzt begann meine Odyssee: Tierklinik: keine Ahnung (Empfehlung Verhaltenstherapeut), Haustierarzt auch keine Ahnung, Hundeplatz: Übersprungshandlung. Nein, ganz bestimmt nicht! Die "Anfälle" passierten so etwa alle 2-3 Wochen, ich fand heraus, dass es nachmittags bis abends passierte, vorher immer eine aufregende Situation war (Spiel mit Freundin, Katze fixiert, Kaninchen im Käfig fixiert) aber nichts, was soetwas rechtfertigen könnte. Kurz ducken, Rute runter und dann alle Töne mit wilder Rennerei.
Also hab ich gegoogelt und kam durch verschiedene Berichte auf die Schilddrüse. Bluttest ergab, Werte sind ganz unten, aber noch in der Norm. Natürlich hab ich auch mit Hummels Züchterin gesprochen, die verwies mich auf eine andere Tierklinik und die checkten sie erstmal durch wegen eventueller Schmerzen. Nochmal Bluttest usw. Empfehlung war Schilddrüsenhormone zu geben, Epilepsie kam schon zur Sprache. Ich fing dann an ihr Forthyron zu geben und mein Haustierarzt unterstellte mir, ich wollte meinen Hund umbringen. Mir gings schlecht, ich traute mich nicht mehr, den Hund irgendwohin mitzunehmen, dachte an Urlaub usw. Dann passierte es bei Hummis Züchterin auf dem Trimmtisch! Es war furchtbar, wir bekamen sie nicht vom Tisch runter, der Hund urinierte vor Panik. Ich war am Boden zerstört. Wir berieten dann, Hummels Züchterin sprach mit TÄ und wir setzten die Dosis auf das doppelte, Bluttests fanden zur Kontrolle danach statt. Das war vor über 2 Jahren und seitdem war nichts mehr gewesen. Im Januar war ich nochmal bei einer Tierverhaltenstherapeutin, aber das war nur Gespräch für viel Geld.
Vor ca. 3 Wochen waren mein Mann und ich abends nicht da und die Kinder berichteten, der Hund wäre komisch. Wir tippten auf Schmerzen und mit Rimadyl wurde es besser, nach 2 Tagen war alles wieder gut. Ursache ungeklärt. Unser Trainer verwies mich auf einen ihm bekannten Neurologen, weil die Diagnose ja letztlich noch nicht ganz geklärt wurde. Dieser Neurologe würde die Ursache herausfinden. Ich telefonierte mit ihm (ich weiß nicht, ob ich hier Namen nennen darf) und schon am Telefon hatte ich endlich das Gefühl, dass jemand versteht, wovon ich rede. Er hat mir schon am Telefon soviel erklärt, dass ich mich entschloss, sie nochmal untersuchen zu lassen, um endlich Sicherheit zu haben.
Also Hund eingepackt, 150km gefahren. Erst hat der TA sie beim Laufen und Springen angeschaut, dann neurologische Tests gemacht, dann wurde sie schlafen gelegt. SD Ultraschall, Blutentnahme, Urinentnahme, Leberfunktionstest, EEG und Hirnliqorentnahme. Ich glaube, das wars. Diagnose: eine sehr seltene Form der SD-Unterfunktion, vor 2 Jahren hätte man wahrscheinlich Antikörper messen können, diese Unterfunktion verursacht komplex fokale Anfälle (eine Form der Epilepsie). Eingestellt mit Forthyron ist sie gut (800), eventuell könnte man noch Neuroleptika geben. Das mache ich aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht, weil es ihr gutgeht. Sollten diese Anfälle trotz gut eingestellter SD wiederkommen, dann ja.
Generell ängstlich ist sie nicht, sie hat ein paar Macken (territorial, Ressource), aber das kommt sicher nicht davon. Ich hoffe, dass alles so bleibt, und diese schrecklichen Attacken nie mehr kommen.
Tut mir leid, dass es so lange war, aber wenn ich damals soetwas gelesen hätte, wäre uns viel erspart geblieben.
Viele Grüße von Ira und Hummel, die jetzt ruhig hierliegt und pennt

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Regine
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Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Regine » Di 18. Sep 2012, 20:52

Hallo Ira,
vielen Dank, dass du uns die Krankengeschichte von Hummel geschrieben hast. Ich bin immer froh über solche Berichte, denn gerade die seltenen Erkrankungen werden häufig von den TÄ übersehen. Hat man davon aber schon gehört oder gelesen, kann man ja in diese Richtung lenken.
Schön dass es deiner Hummel wieder gut geht und ich drücke ihr fest die Daumen, dass das auch so bleibt.
LG Regine
Den Reichtum eines Menschen kann man an den Dingen messen,
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Henry David Thoreau (1817 - 1862), US-amerikanischer Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker

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Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Fricco » Di 18. Sep 2012, 23:07

Hallo Ira,

auch von uns alles Gute für Deine Hummel. Das scheint ja endlich auf einem guten Weg zu sein. Da habt Ihr ja auch was durchmachen müssen, bis Besserung in Sicht war.

Danke für Deinen Bericht.

L.G. Helga + Fricco

Leonie

Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Leonie » Mi 19. Sep 2012, 00:17

Hallo Ira,

auch alles Gute von uns für Deine Hummel, das hört sich ja alles grausam an und es war eine lange Odyssee bis zur Diagnose. Schön, dass es jetzt so gut geht.

Ich hatte eine Lakeland- Hündin Klette ( Isla von der Canisburg) ab 1980 und bei der wurde Epilepsie diagnostiziert. Sie fiel nach Anstrengung immer auf die Seite und ruderte mit den Beinen in der Luft. Sie schrie nicht, bellte nicht, war ansprechbar und sah mich nur hilflos an. Schaum hatte sie auch nicht vor dem Maul. Ich zum Tierarzt---untersuchen lassen, man war aber Anfang der 80-er Jahre nicht so weit wie heute mit der Apperatediagnostik. Dann hieß es "Epilepsie"----ich ließ nicht locker, weil, die "Fallsucht" war zwar da, aber alles andere Krämpfe und schütteln des Körpers fehlten, Kiefer klappern fehlte auch und Schaum vor dem Fang auch.
Ich kaufte Literatur ( Internet gab es ja noch nicht ) über Hundekrankheiten und entdeckte Symptome, die meiner Klette glichen.


Züchtern sagt das vielleicht etwas: Eklampsie (tritt meist bei gesäugten Hündinnen auf)

Es kommt zu Unruhe, Hecheln und andauernden Krämpfen bei Aufbrauchen der letzten Kraftreserven während des Stillens der Welpen.


Meine Hündin, die nicht gesäugt wurde, hatte ich aus Unwissenheit ( meckert jetzt nicht mit mir, war mein erster Hund und ich doof wie Stulle Flockenfutter gefüttert mit nichts bei) falsch ernährt, es fehlte an Nährstoffen insbesondere Kalkmangel. Nachdem ich Kalzium und Vigantol und insbesondere Fleisch, Milch, Leber und anderes besseres Trockenfutter gab, waren die Anfälle weg.

Das zu seltenen Krankheiten und dem Thema Epilepsie...aber Ira bei Euch hat es sich ja auch zum Guten gewandt

Liebe Grüße Leonie mit Stine

GabyP
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Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von GabyP » Mi 19. Sep 2012, 22:51

Hallo, Ira,

danke für Deinen Bericht, den man zur Pflichtlektüre für alle Tierärzte machen müßte! Hummel und Dir für die Zukunft alles Gute!

Viele Grüße

Gaby

Bine

Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Bine » Do 20. Sep 2012, 06:44

Danke für Deinen Bericht. Er hilft sicher ähnlichen Betroffenen.
LG Bine

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Ira
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Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Ira » Mo 24. Sep 2012, 19:13

Hallo liebe Leser,
ich danke Euch für Eure Anteilnahme. Momentan ist ja alles gut.
Es ist mir klar, dass ein ganz normaler TA so etwas nicht wissen kann bzw. auch nicht untersuchen kann, es wäre aber schön, wenn er einen wenigstens an einen Spezialisten weiterschicken würde. Das sollte er schon wissen.
Lustigerweise hab ich auch Hashimoto, tja, wie der Herr so's Gescherr!
Viele Grüße von Ira und Hummel

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schnulli
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Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von schnulli » Do 27. Sep 2012, 21:34

Hallo Ira

es ist ganz furchtbar zu lesen, was ihr bzw. vor allen Hummel durchgemacht habt/hat.

Das ist eine schlimme Zeit wenn man den Hund leiden sieht und "nicht helfen" kann.

Es freut mich dann zu lesen, dass es Hummel zur Zeit gut geht. Ich hoffe für euch, das es so bleibt.

Berichte doch bitte weiter, wie Hummel sich so entwickelt. Es interessiert bestimmt nicht nur mich. Vor allen Dingen kann anderen Hundebesitzern damit vielleicht geholfen werden etwas zu "erkennen" was sonst evlt. nicht in Betracht gezogen werden würde.
Danke das du uns so ausführlich berichtet hast.

Liebe Grüße
Elke

Artus

Re: Fallbericht: SD-Unterfunktion und Epilepsie

Beitrag von Artus » Do 27. Sep 2012, 21:41

Hallo Ira,
Elke hat geschrieben: Berichte doch bitte weiter, wie Hummel sich so entwickelt. Es interessiert bestimmt nicht nur mich. Vor allen Dingen kann anderen Hundebesitzern damit vielleicht geholfen werden etwas zu "erkennen" was sonst evlt. nicht in Betracht gezogen werden würde.
Danke das du uns so ausführlich berichtet hast.
dem möchte ich mich im vollen Umfang anschließen.

Danke für Deinen Bericht.

LG Rosi

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