Auswirkungen der Kastration auf das Verhalten

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lutz
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Auswirkungen der Kastration auf das Verhalten

Beitrag von lutz » Do 15. Sep 2011, 11:34

Hallo AT Freunde,

für alle Hundehalter die sich mit dem Gedanken beschäftigen ihren Hund kastrieren zu lassen halte ich einen Artikel für sehr wichtig der in der neuen "dogs" (September/Oktober" erschienen ist.
Der Artikel heißt "10 Fragen zur Kastration" und ist offensichtlich ein Vorabdruck bzw. Auszug aus dem im Oktober im renommierten Müller-Rüschlikon-Verlag erscheinendem Buch von TÄ Sophie Strodtbeck und Udo Gansloßer. "KASTRATION UND VERHALTEN BEIM HUND". Dieses Buch habe ich zum Erscheinungstag für mich bestellt.
Obwohl diese Fragen in der "dogs" in den nicht nur in unserem Forum seit Jahren laufenden Kastrationsthreads fast schon alle einmal angestoßen und beantwortet wurden möchte ich hier noch einmal darauf, wenn auch nur stark gekürzt, eingehen, weil ich sie sonst nirgends so schön zusammengefasst gefunden habe.

Frage 1 "Inwiefern wird Hundeverhalten von Sexualhormonen beeinflußt?"
Hormone steuern das Verhalten der Hunde und da z.B. Testosteron den Welpen in der Pubertät selbstbewußt macht kommen manche Menschen nicht zurecht wenn sie meinen dass aus süß unausstehlich wird und hoffen auf eine Besserung durch Kastration. Heranwachsende Hunde sollten aber lernenkönnen wie man sich auch mit Hormonen im Blut benehmen soll und sich unter Artgenossen behauptet. Diese eigenen Erfahrungen bieten dem Junghund Orientierung und Sicherheit dabei später ein selbstbewußter Hund zu werden der auch Problemsituationen meistert.

Frage 2 "Hat eine Kastration Wirkung auf das Aggressionsverhalten eines Hundes?"
Aggression hat viele Ursachen. Hat ein Hund Leinen-oder Angstaggression, wird das Problem nach der Kastration nur noch schlimmer.Ein ängstlicher, unsicherer Hund wird ohne Testosteron vollkommen zusammenklappen weil zum Stresshormon Cortisol der Gegenspieler Testosteron fehlt so dass der Stresspegel nur noch weiter ansteigt. In der Folge werden manche Hunde nur noch aggressiver, Tiere mit wenig Selbstbewußtsein attackieren verzweifelt Artgenossen oder werden zum Häufchen Elend.

Frage 3 "kann die Kastration Streuner oder Rüpel von ihren Macken kurieren?"
Es gibt rassetypisch bedingte Hunderassen die sehr territorial veranlagt sind oder durch entsprechender Testosteronschübe im Mutterleib so geworden sind. Im ersten Fall wird eine Kastration beim Streunen überhaupt nichts bringen da hier Sexualhormone keine Rolle spielen, nur im Fall wo der Hund durch das Sexualverhalten auf Wanderschaft geht kann eine Kastration Wirkung zeigen. Es kann aber sein dass sich der Hund eine unerwünschte Ersatzleidenschaft wie jagen oder fresen zulegt-
Bei übertriebener Statusaggression wenn ein Rüde ständig vermeintliche Rivalen attackiert kann eine Kastration helfen, man sollte dieses aber vorher mit einem "Probelauf" durch einen zeitlich begrenzt wirkenden "Chip" ausprobieren der den Sexualhormonausstoß einschränkt-
Dominantes Verhalten kann eine Kastration nicht verhindern da es in den meisten Fällen ein Erziehungs-bzw.Beziehungsproblem ist.

Frage 4 "Was kann eine Kastration bei Hündinnen verschlimmern?"
Auch hündinnen erzeugen Testosteron in den Nebennierenrinden aber in den Eierstöcken auch den hormonellen Gegenspieler Östrogen. Dieses weibliche Hormon deckelt die Testosteronwirkung im Blut und deswegen erscheinen Hündinnen im allgemeinen etwas sanfter. Kastriert man also eine Hündin besteht die Gefahr dass sie danach aggressiver auftritt da das Östrogen als Gegenspieler zum Testosteron fehlt.
Ganz sinnlos ist eine Kastration bei sogenannten "Rüdinnen" die im Mutterleib in der Nähe vieler Rüden wuchsen unter unterdauerhaften Testosteroneinfluß standen. Sie produzieren lebenslang mehr testosteron als normal, zeigen ein eher männliches Verhalten, heben ihr Bein und sind zickig. Bei ihnen würde eine Kastration nichts bewirken, sondern das Problem verschärfen.
Bei Hündinnen die aber nur während der Läufigkeit besonders streitsüchtig sind, also wenn der östrogenspiegel im blut ansteigt kann eine Entfernung der Eierstöcke tatsächlich Verbesserung bringen.

Frage 5 " Bewahrt die Kastration Hündinnen vor Gesäugetumoren, Scheinschwangerschaften oder Gebärmutter entzündungen?"
Meistens schon aber die Nachteile für die Hündin wiegen schwer (siehe nachfolgende Fragen) und das Risiko für die krankheiten ist so gering, dass sie eine Kastration nicht rechtfertigen.
Gesäugetumore können durch Hormone entstehen die durch jede Läufigkeit entstehen. Deshalb steigt die Häufigkeit mit dem Lebensalter.
Viele tierärzte raten zu einer prophylaktischen Kastration um diese Krankheit zu verhindern wobei sie sich auf eine Studie von 1969 berufen. Diese besagt dass das Risiko bei einer Kastration vor der ersten Läufigkeit 0,5% beträgt, bei einer Kastration nach der ersten Hitze 8% und bei später kastrierten Hündinnen 25%.
Um diese Statistik aber auch richtig zu bewerten muß man wissen wie häufig davon gutartige und BÖSARTIGE MAMMATUMORE auftreten. Die Haüfigkeut der bösartigen Tumore liegt dabei nur zwischen 0,2 und 1,8 Prozent. Das heißt früh kastrierte Hündinnen tragen ein0,001 bis 0,009 Prozent hohes Risiko. Werden sie später kastriert, liegt es noch bei 0,05 bis0,5 Prozent.
Für die Autorin gibt es angesichts dieser geringen Gefahr für eine Kastration als Tumorvorbeugung kein Grund.
(Jetzt von mir stark verkürzt) Scheinschwangerschaften sind etwas Natürliches und Kastrationen sollten nur bei einer immer wiederkehrenden schweren Gesäugeentzündung in Erwägung gezogen werden.
Die haüfigste Erkrankung der Geschlechtsorgane ist die Gebärmutterentzündung (Pyometra) mit einem auftreten von 25 % und kann sogar tödlich verlaufen. Aber nur weil ein Hund erkranken könnte, darf man ein Organ nicht vorbeugend entnehmen, das widerspricht klar dem Tierschutzgesetz1 Angemessen ist es nach Geburt und Scheinträchtigkeit die Hündin im Auge zu behalten. so kann man reagieren, falls Krankheitsymtome wie vaginaler Ausfluß, Fieber,stark vermehrtes Trinken und häufiger Harndrang auftreten.

Frage 6 "Bleiben kastrierte Hunde wirklich immer unreif und kindisch?"
Es kommt drauf an, wann sie kastriert werden. Um erwachsen werden zu können, müssen Hunde ebenso wie Menschen die Pubertät durchmachen. In dieser wichtigen Entwicklungsphase wird der Organismus plötzlich mit Sexualhormonen konfrontiert, die überwiegend in den Geschlechtsorganen produzirt werden. Diese sorgennicht nur für einen kräftigen Körperbau, sondern auch für wichtige Strukturveränderungen im Gehirn. Werden Junghunden hoden oder Eierstöcke und Gebärmutter entfernt, greift man massiv in den Hormonhaushalt und damit in die Persönlichkeitsentwicklung ein. Hunde, die vor der dritten Läufigkeit kastriert werden(altersentsprechend bei Rüden) bleiben oft ihr Leben lang Kindsköpfe.

Frage 7 "Gibt es gesundheitliche Gründe die gegen eine Kastration sprechen?" Bei Hündinnen ab etwa 20 kg Körpergewicht besteht die Gefahr einer lebenslangen Inkontinenz, Boxerhündinnen sind von der Urintröpfelei sogar mit über 65% betroffen. Einen starken Einfluß hat die Kastration aber bei beiden Geschlechtern: Ohne Sexualhormone hat der Organismus ein Drittel weniger Energiebedarf und viele Hunde nehmen nach der Operation an Gewicht zu. außerdem verändert sich das Bindegewebe da Testosteron stützend wirkt. So erscheinen kastrierte Hunde oft schlagartib wie Senioren, ihr Körpere ist weniger straff, sie laufen schlaksig. Durch die Bindegewebsschwäche sind sie anfälliger für Erkrankungen des Gelenkapparates wie der Hüftgelenksdysplasie (HD). Hinzu kommt dass Östrogene bei Hunden einen wichtigen Schutzfaktor gegen Altersdemenz bilden und deshalb Senilität hinauszögern können. Alles Gründe, warum Diensthunde meist unkastriert sinds: Sie sind bis ins Alter körperlich belastbar, können sich besser konzentrieren und zuverlässiger arbeiten.

Frage 8 "Leiden Hunde darunter wenn sie ihren Sexualtrieb nicht ausleben dürfen?"
Meistens leiden die Menschen mehr als ihre Hunde. Auch Frustation gehört zum Leben und genau wie wir Menschenkönnen auch Hunde lernen damit umzugehen.
Anders sieht es mit der Hypersexualität bei Rüden aus wenn sie über Wochen nicht zum Fressen oder Schlafen kommen, hier kann evtl. eine Kastration den Hund von seinem Leid befreien, sollte vorher aber auch hier einen "Probelauf" mit einem "Chip" zur Hormonunterdrücxkung machen bevor man kastriert.
Das Bespringen von Kissen und Artgenossen ist aber kein Hinweis auf eine Hypersexualität sondern es handelt sich hier meist um eine Übersprunghandlung die durch Erziehung gelenkt wird.

Frage 9 "Paragraf 6 des Tierschutzgesetze verbietet die Amputation von Organen. Ist Kastration demnach strafbar?"
Das wird im Gesetz nicht deutlich. Im Tierschutzbericht der Bundesregierung von 1999 wir davo ausgegangen, dass bei Hunden die in geordneten Verhältnissen leben, mit weniger invasiven Methoden die Fortpflanzungskontrolle durchgeführt werden kann. heißt: Sterilisation oder Chippen der Rüden. Wird eine Hündin kastriert, nur weil ihre Blutflecken stören, ist der Eingriff strafbar.

Frage 10 "Wann ist eine Kastration sinnvoll?"
Wichtig ist die Einzelfallentscheidung: Jeder Hund und jede Lebenssituation müssen gesehen werden, bei Verhaltensproblemen hilft ein chemischer Probelauf, um zu erkennen, ob die Kastration helfen würde. Wenn tatsächlich kastriert werden muss, erst nach der dritten Läufigkeit der Hündin, ein Rüde der gleichen Rasse im entsprechendem Alter. Generell sollte man öfter sterilisieren statt zu kastrieren.
WIR MÜSSEN DEN HUNDEN ZUGESTEHEN; DASS SIE SICH VOLL ENTWICKELN UND ERWACHSEN WERDEN DÜRFEN.


Viele Grüße von lutz mit Joker
Zuletzt geändert von lutz am Do 15. Sep 2011, 13:04, insgesamt 7-mal geändert.
Die Beziehung zwischen einem Mann und seinem Hund ist heilig,
was die Natur vereint hat, soll keine Frau trennen.

Kolibri

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Kolibri » Do 15. Sep 2011, 12:21

Hallo an alle, die dieses Thema auch so spannend finden wie ich...

Im April diesen Jahres waren Dr. Udo Gansloßer und Sophie Strodtbeck in unserer Hundeschule, um einem Vortrag zu halten. Das Thema war damals bei mir auch akut, denn die Tierärzte haben mir geraten, Bosco kastrieren zu lassen, da er eine Prostatitis hatte. Gerade nach den Gesprächen mit Dr. Udo Gansloßer wurde ich noch mehr bekräftigt, dass es immer eine Einzelentscheidung je Hund sein soll. Wenn es medizinische Ursachen für eine Kastration gibt, kann man natürlich nichts dagegen tun. Man darf aber auch nicht vergessen, dass eine Kastration ohne medizinischer Indikation tierschutzrelevant ist - gleichzustellen wie kupieren, wenn nicht sogar schlimmer, weil dadurch in den Hormonhaushalt der Hunde eingegriffen wird ...

Fazit: Bosco wurde zum Glück nicht kastriert und wir haben die Prostatitis aktuell so in den Griff bekommen.

Wirklich interessant und wenn jemand von Euch die Möglichkeit haben sollte, zu einem Vortrag von Dr. Gansloßer zu gehen, kann ich das nur empfehlen.

Zu diesem Thema habe ich auch noch ein Artikel, den Dr. Gansloßer und Sophie Strodtbeck geschrieben haben, und im SitzPlatzFuss erschienen ist (wer es noch nicht kennt, ein tolles neues Bookazin/Magazin aus dem Cosmos-Verlag). Hier eine Leseprobe: http://www.sitzplatzfuss.com/wp-content ... _SPF_2.pdf
(Falls die Empfehlung nicht gewünscht sein sollte, bitte den Link wieder rausnehmen)

Wer sich für den gesamten Artikel interessiert, soll mir bitte eine PN schicken. Ich kann Euch dann diesen Text zumailen.

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ChristaS
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Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von ChristaS » Do 15. Sep 2011, 14:02

Hallo Lutz,

vielen Dank für die Zusammenfassung des Artikels! Das bestätigt meine bisherige Meinung. Meine Mädels bleiben, solange es keine großen gesundheitlichen Probleme gibt, unkastriert. (Trotz Anraten von vielen anderen Menschen)

Liebe Grüße,
Christa mit Laima und Olympia
... mit Butzi, Olympia und Laima im Herzen.

Sparta

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Sparta » Fr 16. Sep 2011, 14:28

Jonatan wurde mit gut einem Jahr kastriert. Medizinische Gründe gab es nicht. Er war auch nicht dominant. Seinen Sexualtrieb würde ich als normal ausgeprägt bezeichnen, vielleicht eher etwas weniger ausgeprägt. Das Problem war, dass er sich manchmal ohne Vorankündigung auf der Stelle umdrehte und irgendeinem Hund hinterherrannte. Da ich in der Stadt lebe, wollte ich das damit verbundene Risiko nicht eingehen. Auf dem Land kann man sich diesen Luxus vielleicht erlauben.

Was hat sich geändert? Außer, dass er berechenbarer geworden ist und nicht mehr plötzlich wegrennt, hat sich kaum was geändert. Das Fell ist wie vorher. Sein Appetit ist jetzt vielleicht noch etwas größer (wenn diesbezüglich eine Steigerung überhaupt möglich war); durch eine Reduktion der Menge hat er aber sogar abgenommen. Sein Verhalten mir und anderen Hunden gegenüber ist dasselbe. Natürlich wollen ihn jetzt mehr Hunde besteigen. Wenns ihm zu bunt wird, sagt er ihnen die Meinung. Zu einer Beißerei ist es dadurch nie gekommen. Er ist weder anschmiegsamer noch lethargischer geworden.

Die Kastration hat die Gefahr eines Unfalltods gesenkt. Was will ich mehr? Habe es keine Sekunde bereut. Eigene Kastrationsängste habe ich nicht.

Kolibri

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Kolibri » Fr 16. Sep 2011, 19:45

Hallo:

Auch ein kastrierter Hund kann einem Unfalltod sterben..... leider.. er/sie muss nur auf der anderen Straßenseite, eine Katze, einen Vogel oder sonst was Spannendes sehen und wenn man ihn/sie nicht durch die richtige Erziehung im Griff hat, kann es sehr schnell gehen.

Ich möchte damit nur sagen, dass ich es nicht gut finde, wenn man glaubt: mit Schnipp Schnapp, Eier weg, sind alle Erziehungsprobleme gelöst....
(ich möchte auch niemanden irgendeine böse Absicht unterstellen)

Ich zitiere jetzt Mal aus dem Vortrag von Dr. Udo Gansloßer:

Die Hormone sind Botenstoffe, die im Körper gebildet und ausgeschüttet werden. Je nachdem wie viel von welchem Hormon ausgeschüttet wird, wird das Verhalten der Hunde beeinflusst.

Der Hormonhaushalt von Hunden ist ein sehr diffiziles Zusammenspiel von mehrere Hormonen, die sich untereinander in der Waage halten. Wenn man eines davon entfernt, wird das Gleichgewicht auseinander gebracht. Die übrig gebliebenen Hormone versuchen dann, das Fehlende zu ersetzen und werden vermehrt gebildet und ausgeschüttet --> dadurch das jeweilige Verhalten verstärkt.

Starkes Dominanzverhalten (was meist unerwünscht ist und durch eine Kastration behoben werden soll) hängt nicht immer von einem zu viel an Testosteron ab, sondern ist oft ein Verhalten, das eigentlich durch Angst und Stress beim Hund hervorgerufen wird. Angst und Stress wird nicht durch Testosteron beeinflusst.
Auch der Jagdtrieb wird nicht durch das Testosteron hervorgerufen.
Auch Streunen hängt nicht mit Testosteron zusammen, sondern ist meist eine gelernte Aktion... die der Hund auch nach einer Kastration nicht verlernt.

Wenn nun der Hund/Rüde kastriert wird und ihm die Möglichkeit genommen wird, Testosteron zu erzeugen, werden die anderen Hormone vermehrt produziert. Diese beeinflussen dann verstärkt das jeweilige Verhalten.... d.h. ein Hund, der vorher Dominanzverhalten gezeigt hat, das aber weil er nur Angst hatte oder Stress, wird danach einen noch ängstlicheren und daher wahrscheinlich aggressiveren Hund bekommen. Ein Hund, der vorher schon einen starken Jagdtrieb hatte, wird danach einen stärken Jagdtrieb haben. Ein Hund, der vorher gestreunt ist, wird danach auch streunen, nicht mehr und nicht weniger.

Ich habe einen Rüden, deshalb bezieht sich das nun eher auf die Rüden. Aber auch bei Hündinnen wird durch die Entfernung der Eierstöcke in den Hormonhaushalt eingegriffen.... und damit in ihr Verhalten.

Bosco ist nicht kastriert, 6 Jahre und auch berechenbarer geworden. Das hat viel Zeit und Mühe gekostet... aber ich bin froh, dass ich meinen Hund noch ganz er sein kann.

Sparta

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Sparta » Fr 16. Sep 2011, 23:29

Hallo Kolibri,
Kolibri hat geschrieben: Auch ein kastrierter Hund kann einem Unfalltod sterben..... leider.. er/sie muss nur auf der anderen Straßenseite, eine Katze, einen Vogel oder sonst was Spannendes sehen und wenn man ihn/sie nicht durch die richtige Erziehung im Griff hat, kann es sehr schnell gehen.

Ich möchte damit nur sagen, dass ich es nicht gut finde, wenn man glaubt: mit Schnipp Schnapp, Eier weg, sind alle Erziehungsprobleme gelöst....
(ich möchte auch niemanden irgendeine böse Absicht unterstellen)
Das ist richtig. Ich würde mit meinem Hund auch niemals ohne Leine an der Straße laufen. Diese Gefahr wird keiner (na gut: fast keiner) ausschließen können - weder durch eine Kastration noch durch die richtige Erziehung. Und natürlich ist die Kastration kein Erziehungsmittel. Dennoch habe ich mit "Schnipp Schnapp - Eier ab" (reimt sich besser :dog_biggrin ) das erreicht, was ich erreichen wollte. Dabei kann man mir ruhig eine (böse) Absicht unterstellen; ich habe ja schließlich nicht fahrlässig gehandelt. Ich kann ihn jetzt mitten in der Stadt auf Grünflächen (die wir in Berlin reichlich haben) spielen lassen.
Kolibri hat geschrieben:Ich zitiere jetzt Mal aus dem Vortrag von Dr. Udo Gansloßer:

Die Hormone sind Botenstoffe, die im Körper gebildet und ausgeschüttet werden. Je nachdem wie viel von welchem Hormon ausgeschüttet wird, wird das Verhalten der Hunde beeinflusst.

Der Hormonhaushalt von Hunden ist ein sehr diffiziles Zusammenspiel von mehrere Hormonen, die sich untereinander in der Waage halten. Wenn man eines davon entfernt, wird das Gleichgewicht auseinander gebracht. Die übrig gebliebenen Hormone versuchen dann, das Fehlende zu ersetzen und werden vermehrt gebildet und ausgeschüttet --> dadurch das jeweilige Verhalten verstärkt.....Wenn nun der Hund/Rüde kastriert wird und ihm die Möglichkeit genommen wird, Testosteron zu erzeugen, werden die anderen Hormone vermehrt produziert. Diese beeinflussen dann verstärkt das jeweilige Verhalten .... d.h. ein Hund, der vorher Dominanzverhalten gezeigt hat, das aber weil er nur Angst hatte oder Stress, wird danach einen noch ängstlicheren und daher wahrscheinlich aggressiveren Hund bekommen.


Na, das klingt ja richtig wissenschaftlich. Um welche Hormone geht es überhaupt? Aber das wirst Du uns sicherlich noch genauer erklären.
Kolibri hat geschrieben:Dr. Udo Gansloßer:
Starkes Dominanzverhalten (was meist unerwünscht ist und durch eine Kastration behoben werden soll) hängt nicht immer von einem zu viel an Testosteron ab, sondern ist oft ein Verhalten, das eigentlich durch Angst und Stress beim Hund hervorgerufen wird. Angst und Stress wird nicht durch Testosteron beeinflusst.
Dominanzverhalten wird durch Angst hervorgerufen? Kannst Du das bitte näher erklären. Und ein hoher Testospiegel kann doch auch Stress verursachen. Warum soll das bei Rüden anders sein als bei Männern?
Kolibri hat geschrieben:Bosco ist nicht kastriert, 6 Jahre und auch berechenbarer geworden. Das hat viel Zeit und Mühe gekostet... aber ich bin froh, dass ich meinen Hund noch ganz er sein kann.
Du wirst es nicht glauben, aber auch ich habe meinen Hund erzogen - sowohl vor als auch nach der Kastration. Auch ich bin froh, dass Jonatan ganz er selbst sein kann (zumindest dann, wenn er nicht sein rosa Tütü tragen muss). :pudel

Gruß

Freddy

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Freddy » Sa 17. Sep 2011, 08:50

Hallo zusammen,

die Wirkungen der verschiedenen im Körper aktiven Stoffe (Neurotransmitter, Hormone, Vitamine usw.) wie z.B.: Acetylcholin, Adrenalin, Cortisol, Cortison, Dopamin, Gestagen, Noradrenalin, Oxytocin, Östrogen, Progesteron, Prolactin, Serotonin, Testosteron, Tryptophan sowie der jodhaltigen Hormone, Insulin, Vitamine und Mineralien ist kaum zu überblicken und sicher noch nicht in allen Teilen verstanden. Daran ohne triftigen Grund „rumzuspielen“ halte ich für das Spiel mit dem Feuer.

Zum besseren Verständniss dieser äußerst komplexen Regelkreise empfehle die Lektüre des Büchleins “ Die Neuropsychologie des Hundes“, von James O'Heare.

LG
Freddy

Jackson

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Jackson » Sa 17. Sep 2011, 10:16

Hallo zusammen,

Porter ist zwar nicht kastriert, aber er bekam den sog. "Kastrationschip" aus gesundheitl. Gründen implantiert.

Nach sechs Wochen sollte die volle Wirkbreite stattgefunden haben. Bei Porter sind nun 11 Wochen vergangen und verändert hat sich folgendes:

- er hat keine feuchten Träume mehr - sein Präputialkatharr ist vollständig verschwunden - seine Leidenschaft für lecker Mädchen ist geringer - sein Spieltrieb ist gleich hoch - seine Jagdappetenz wurde größer - in manchen Situationen ist er mental besser erreichbar - sein Territorealverhalten hat sich nicht verändert - sein Verhalten anderen Hunden gegenüber wurde neutraler - seine Hoden wurden kleiner - die Fellqualität ist gleich geblieben.

Porter stand vor der Chip-Implantation durch einen wahrscheinlich sehr hohen Testosteronspiegel unter physischem Stress (Prostatacysten, häufige Ejakulationen, nicht abheilen wollende sezernierend eitrige Paräputialkatharre mit ständigem Leckzwang). Eigentlich dürften seine Hoden mittlerweile kaum noch tastbar sein. Das ist bei ihm nicht der Fall. Auch sein Interesse an Mädchen ist weiterhin vorhanden, jedoch nicht mehr so stark. Das lässt mich mutmaßen, dass die Produktion seiner Sexualhormone über die Maßen hoch sein könnte und er daher seine Probleme mit den Prostatacysten bekam. Der Chip wirkt ein halbes Jahr. Schauen wir mal, wie es weiter gehen wird. Wobei ich zurzeit sagen muss, dass Porter's Benefit durch den Chip größer ist, als seine bisherigen Nachteile.
Eine abschließende Beurteilung ist aber noch nicht möglich.

Viele Grüße
Annette

redchili

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von redchili » Sa 17. Sep 2011, 10:47

Hallo Annette,

Porter scheint wirklich einen immens hohen Hormonspiegel gehabt zu haben - wie Du sein Verhalten und seine Befindlichkeit jetzt unter dem Einfluss des Chips beschreibst, klingt das eigentlich eher nach einem "normalen" unkastrierten Rüden :dog_huh Bin gespannt, ob er sich in den restlichen Monaten noch weiter verändert.

Viele Grüße
Antje mit Luzie

Sparta

Re: Verhaltensänderung nach Kastration

Beitrag von Sparta » Sa 17. Sep 2011, 11:12

Hi Annette,
Jackson hat geschrieben: Porter stand vor der Chip-Implantation durch einen wahrscheinlich sehr hohen Testosteronspiegel unter physischem Stress
Ist Stress nicht immer auch psychisch? :sheep Aber wie wir ja jetzt von Dr. Gansloßer/Kolibri wissen, hat das Testosteron darauf keinen Einfluss. Du musst Dich also irren, der Mann hat immerhin einen Doktortitel. :dog_biggrin

Gruß

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