Wie kompatibel muß ein Hund sein?

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Regine
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Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Regine » Mi 4. Jan 2012, 22:42

Hi ihr,
diese Frage stelle ich mir schon länger und ich merke, dass sie immer mehr in den Vordergrund tritt....
Leute schaffen sich einen Beagle an und fragen allen Ernstes wie man ihm das Jagen abgewöhnt, was sie gegen die Aufgedrehtheit eines Malis tun können oder wie sie das Bellen eines Spitzes oder Westi unterbinden können....
Müssen sich die Hunde wirklich allen Wünschen unterordnen ?
Gehen wir da nicht in eine falsche Richtung ,in dem wir nur auf das Äußere schauen und den Rest weg züchten?(ein Beagle ohne Jagdtrieb, ein Spitz ohne Wachsamkeit)?
VG Regine
Den Reichtum eines Menschen kann man an den Dingen messen,
die er entbehren kann, ohne seine gute Laune zu verlieren.

Henry David Thoreau (1817 - 1862), US-amerikanischer Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker

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kenzo
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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von kenzo » Mi 4. Jan 2012, 23:15

Hallo Regine,

Du hast es richtig erkannt! Wir Menschen sind das Problem!
Wir sind stellenweise mittlerweile so degeneriert, dass viele von uns eigentlich gar nicht mehr wissen, was normal und natürlich ist.

Die Erfahrung der Geburt unserer Welpen, die Aufzucht, die Art wie Kiwi mit ihren Welpen umging, es war einfach schön für uns dies erleben zu dürfen.
Wie schwer tun wir Menschen uns doch oft in solchen Dingen?

Gruß
Uli
Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird!

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Teddy01
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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Teddy01 » Mi 4. Jan 2012, 23:37

Hallo ihr Lieben,

ich hab mal ein bisschen gesucht, da Annette mal einen Beitrag zur ähnlichen Thematik geschrieben hat, der mir einfach im Gedächtnis geblieben ist, weil sie meiner Meinung nach den Nagel auf den Kopf getroffen hat. Habs mal kopiert:
Jackson hat geschrieben:Hallo zusammen,

ein paar Worte zum Nachdenken.

Natürlich ist es schön einen Hund zu haben, der nicht jagt, der keine anderen Hunde anpöbelt, der einfach unproblematisch ist.

Es gibt Hunde, die bringen dieses Verhalten mit, ohne dass ihr HF groß erzieherisch eingreifen musste. Das ist supertoll und HF glaubt von sich, hier habe ich wohl alles richtig gemacht.

Dann gibt es eben jene, welche Hunde, die jagen und pöbeln und HF ist mit diesem Zustand überaus unglücklich, trainiert an dem Problem nach bestem Wissen und Gewissen, manchmal jahrelang und scheitert, holt sich Hilfe von außen und kommt trotzdem nicht weiter. Hier wird Mensch unglücklich und die Beziehung zum Hund wird immer schlechter.

Dann gibt es auch die HF, die mit diesen Problemen umgehen können, fundiertes Wissen haben und es auch umsetzen können. Hier kann man gratulieren.

Aber es gibt auch Menschen mit einem Hund an ihrer Seite, die dem Hund Macken zugestehen. Die damit leben können. Mit diesen „gesellschaftlichen Fehlern“ des Hundes umgehen können, das Hundsein gestatten, ihn akzeptieren wie er ist. Da kommt Hund in wildreichen Gebieten an die Leine und wenn Superfeind in der Nähe ist, wird Hund kurz genommen. Ein Arrangement mit dem es sich gut leben lässt und das gemeinsame Glücklichsein nicht ausschließt.

Auf den Standpunkt kommt es an.

Liebe Grüße
Annette
Hier ist das gesamte Thema: hier

Liebe Grüße
Raquel
"Ein Tierfreund zu sein, gehört zu den größten seelischen Reichtümern des Lebens."(Richard Wagner)

Bine

Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Bine » Do 5. Jan 2012, 07:57

Hallo Regine,

da sprichst Du etwas an, was mir schon seit langem sauer aufstösst....
Die Auswüchse, die die Hundehaltung in den letzten Jahrzehnten erfahren hat, sind für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Die "Pipi-Langstrumpf-Mentalität" ," mache mir die Welt..."im Notfall auch mit Hilfe des TA ( ob Kastration oder Tabletten), dabei bleiben die Bedürfnisse des Hundes auf der Strecke bzw. sind uninteressant.

Das Laufraubtier Hund wird 23Std in einer 120x 90 cm Box eingesperrt und darf einmal an der Flexi um den Block.
Wir machen uns keine Gedanken um die Ernährung, sondern öffnen einen neuen Premiumsack.
Soziallkontakte: 0 - braucht der auch nicht, der rauft oder ist gebissen worden und überhaupt soll er sich auf uns konzentrieren und er könnte ne Schramme kriegen
Er läuft im Mäntelchen oder Ganzkörperkondom, weil er friert oder sich dreckig macht, mal ehrlich ist doch eklig und dann braucht man Stunden bis er wieder dekorativ zur Einrichtung passt.
Hundeschulen sind Klasse, am Besten die, wo man den Hund abgegeben kann, wichtig dabei: der Trainer darf auf keinen Fall Einsatz oder üben vom Hundehalter verlangen und schon gar nicht sagen, dass der Hundehalter was lernen muss oder gar sich ändern muss. Schliesslich zahlen wir dafür, dass der Hund was lernt und sich uns anpasst und überhaupt sah, der auf dem Foto im Internet beim Hundekauf so lieb aus.
Im Namen der Tierliebe macht sich eine ganze Industrie breit, man muss seinen Käufern nur lange genug klarmachen, dass ein selbsternährter Hund ein Fall für PETA ist, irgendwann glauben die das auch.

Wir wollen den ewig braven, anständigen, folgsamen Hund, der weder Aufwand noch Arbeit macht, wir brauchen ihn als Staussymbol, Kindersatz, Psychologen, Fittnesstrainer, Begleiter, Kummerkasten, Kuscheltier usw. und das ist auch völlig in Ordnung so, solange die Rechte und Bedürfnisse des Hundes nicht auf der Strecke bleiben, aber genau das passiert in den letzten Jahren immer öfter!
Vor 20 Jahren hätt ich abgestritten, das es psychosomatische Erkrankungen bei Hunden überhaupt gibt, heute weiss ich, sie sind nicht mal selten. Fast jeder 4. Hund in Deutschland hat Neurosen, weil seine Bedürfnisse als Hund nicht befriedigt werden.
Armes Deutschland!
LG Bine

vanja
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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von vanja » Do 5. Jan 2012, 15:03

Bine hat geschrieben: Vor 20 Jahren hätt ich abgestritten, das es psychosomatische Erkrankungen bei Hunden überhaupt gibt, heute weiss ich, sie sind nicht mal selten. Fast jeder 4. Hund in Deutschland hat Neurosen, weil seine Bedürfnisse als Hund nicht befriedigt werden.
Armes Deutschland!
LG Bine
Oder weil es ein Berufsbild gibt, daß sich dieser Art Hund annimmt und dann braucht es natürlich auch Hunde, die so sind, wie sie gebraucht werden. Man kann auch alles krank reden und etwas hineininterpretieren, nur um an Patientenbesitzer und deren Geld zu kommen.
Hundekommunikatoren - ist auch so ein gewisses Thema. Wer dran glaubt, nimmt es für echt, wer nicht dran glaubt hat viel Geld gespart.
Liebe Grüße Ilona und die Whippets
mit Alco, Kasi, Krabbe, Grille und Una im Herzen
________
Im Alter haben Erinnerungen denselben Stellenwert, wie in der Jugend die Träume.
Erna Behrens-Giegl
http://whippetweb.blogspot.com

Bine

Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Bine » Do 5. Jan 2012, 15:53

vanja hat geschrieben:
Bine hat geschrieben: Vor 20 Jahren hätt ich abgestritten, das es psychosomatische Erkrankungen bei Hunden überhaupt gibt, heute weiss ich, sie sind nicht mal selten. Fast jeder 4. Hund in Deutschland hat Neurosen, weil seine Bedürfnisse als Hund nicht befriedigt werden.
Armes Deutschland!
LG Bine
Oder weil es ein Berufsbild gibt, daß sich dieser Art Hund annimmt und dann braucht es natürlich auch Hunde, die so sind, wie sie gebraucht werden. Man kann auch alles krank reden und etwas hineininterpretieren, nur um an Patientenbesitzer und deren Geld zu kommen.
Hundekommunikatoren - ist auch so ein gewisses Thema. Wer dran glaubt, nimmt es für echt, wer nicht dran glaubt hat viel Geld gespart.
*lach* an diese Berufsgruppe hatte ich dabei gar nicht gedacht, aber da hast Du natürlich Recht., die sind mir auch sehr suspekt.
Ich dachte eher an wirkliche, chronische, lange bei Tä behandelten Erkrankungen, die kurioserweise ohne Behandlung verschwinden, wenn der Hund in andere Hände kommt.
LG Bine

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Fricco
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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Fricco » Do 5. Jan 2012, 17:18

Bevor man sich einen Hund anschafft, sollte man sich mit den wesentlichen Eigenschaften der gewünschten Rasse beschäftigen, sonst sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Insofern sage ich: kompatibel sollte schon sein. Allerdings glaube ich, dass es unmöglich ist, einen Hund dazu zu bringen, sich wie ein gut programmierter Roboter zu verhalten.

Sie haben ihr Eigenleben, ihre eigenen Bedürfnisse. Je besser man die ihnen eigenen Bedürfnisse erfüllt, umso wahrscheinlicher wird man einen Hausgenossen haben, der sich "wunschgemäß" verhält. Aber man muss ihnen auch ein paar Eigenheiten zugestehen - und vielleicht auch, dass sie ein bisschen eigensinnig sind. happy_01

Aber es gibt ja auch Menschen, die sogar ihre Kinder zu gehorsamen Befehlsempfängern machen ... die sollten weder Kind noch Hund haben.

LG Helga

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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von menzelova » Do 5. Jan 2012, 20:11

Liebe Regine,

Du bringst jetzt aber kniffliger Fragen in das Forum (ich find's allerdings klasse :dog_biggrin ich liebe Philosophie).

Bei diesem Thema hänge ich seit dem Einzug unseres heiß geliebten Grisou fest. Wer ist eigentlich das Problem? Wir oder er oder wir beide. Was heißt eigentlich Hund sein dürfen? ... Nicht zu verwechseln mit Wolf sein dürfen. Der Hund hat sich oder wurde dem Menschen angeschlossen und das ist vor allem für ihn eine heikle Sache, finde ich. Er ist kein Mensch, aber auch kein Wolf mehr ... und es gibt zwischen sehr an Menschen angepasst bis fast noch Wolf alle Schattierungen.

Mein Hund erfüllt nicht die Erwartungen die ich habe, aber mittlerweile schäme ich mich nicht mehr, wenn er Hinz und Kunz anpöbelt, ich setz ihm den Maulkorb auf, wenn unsere Enkeltochter zu Besuch kommt und wenn er nach mir zwackt, dann sage ich, dass ist wohl nicht unser Tag.

Ehrlich, ich bin gelb vor Neid auf alle, die Hunde haben, die sanft mit Kindern umgehen, die sich nicht provozieren lassen und die keine Igel stundenlang im Maul rumschleppen, die nicht bei jedem unbekannten Geräusch ausrasten (einschließlich in den nächsten Gegenstand beißen) und bei jedem Auto oder Moped denken "schnell ... schnell hinterher".

Vielleicht habe ich alles falsch gemacht in der Erziehung, vielleicht hätten ihn aber auch 50% der Klugscheißer ins Tierheim abgeschoben.

Fest steht, wir dürfen mit ihm nicht mehr zu meiner Schwiegermutter, manche wirklich gute Freunde können uns nicht mehr folgen (ich verstehe das sogar)
und ... wir lieben ihn, so wie er ist, um nichts in der Welt würden wir ihn missen wollen und wir haben einen fröhlichen Alltag nach der Devise "wir 2 Schritte...er 1 Schritt". Das ist unsere Art mit unserem Hund umzugehen und das ist so einmalig wie jeder Mensch und jeder Hund es ist.

Insofern ist es eine wirklich große Leistung der Züchter, ihre Hunde in die "richtigen" Menschenhände zu geben und somit ein einmaliges Team zu begründen.

Wenn ein Hund durch seine Gene und seine Sozialisierung zur Menschenwelt maximal kompatibel ist, gibt es sicher weniger Probleme. Das hat was.
Weniger Probleme heißt aber auch ...weniger Gedanken, weniger Auseinandersetzung und weniger Entwicklung für beide Teampartner.
Und nun wird es wirklich philosophisch ... :-)

Liebe Grüße
Birgit und Grisou

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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von Fricco » Do 5. Jan 2012, 21:41

Hallo Birgit,

Danke für Deinen Bericht. :D
ich habe auch so einen kleinen "Stinkstiefel". Noch hege ich allerdings die Hoffnung, dass mein stetiges Bemühen (z.B. Ablenkungsmanöver) genug Wirkung zeigt. Ich muss aber Dir zustimmen, dass erfahrenere Züchter sich die richtigen zukünftigen Hundebesitzer aussuchen. Wir haben uns vorher länger unterhalten, und ich wusste, dass ich den wildesten und frechsten aus dem Wurf bekomme. Nachdem ich mit meinen 3 kleinen Sturköpfen (auch Kinder genannt) keine nennenswerten Probleme hatte, kann mich auch Fricco höchstens kurzfristig ärgerlich machen. Ich wollte kein angepasstes, pflegeleichtes Schoßhündchen.

Es ist schön, dass er einen eigenen Willen hat und diesen auch deutlich macht. Dummerweise (für ihn) muss er aber akzeptieren, dass ich trotzdem "Chef im Ring" bin. Und wir beide lernen täglich dazu.

LG Helga + Fricco

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Re: Wie kompatibel muß ein Hund sein?

Beitrag von menzelova » Do 5. Jan 2012, 23:03

Fricco hat geschrieben: Dummerweise (für ihn) muss er aber akzeptieren, dass ich trotzdem "Chef im Ring" bin.
:dog_biggrin So dumm ist das letztlich für ihn ja gar nicht. Viel Erfolg beim Lernen für Euch beide. :brav

Birgit und Grisou

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