Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

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Bine

Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Bine » Mi 20. Nov 2013, 07:15

Guten Morgen,

gestern war ich mit einer guten Bekannten ( eine ganz Liebe, die ihren Hund wirklich über Alles liebt und alles richtig machen will) und ihrem Hund spazieren, eher sollte es ja eine Korrektur werden, weil der 10 Monate alte Hund schon zweimal Wild nach gegangen ist. Also Schleppi drauf, Gutti & Balli dabei und los ging`s in das wildreichste Gebiet was wir hier haben, die Rehe stehen jeden Morgen 2 m neben den Wegen und sind tiefenentspannt :dog_biggrin
Die erste halbe Stunde den Hund an der Schleppi, angefangen sie zu konditionieren, Kontakt zu halten. Hund macht fröhlich mit und ist super brav happy_02 - Besitzerin etwas entnervt, sie wollte mir ihr Problem zeigen. Also Schleppi ab, weil Hund dann garantiert das Fehlverhalten zeigt! Gut. Rehe stehen neben den Wegen....Hund spannt sich, nimmt kurz Augenkontakt auf und wird sofort gerufen und mit Balli hochgedreht, 3 x gemacht, der Hund fängt an wirklich Wild anzuzeigen, bleibt aber hochmotiviert bei uns, er empfindet es als lustiges Spiel und bleibt exakt ansprechbar....
Besitzerin ist jetzt völlig sauer, ich gut amüsiert: "...wenn Du mir nur zeigen wolltest, wie toll Dein Hund ist, dann hätten wir das auch mal bei schönem Wetter machen können." happy_01
Kaninchen.... gut Kaninchen! In einer alten Kiesgrube leben bei uns Wildkaninchen ohne Ende, also da rein. Hund ist interessiert, aber ansprechbar und abrufbar. Ich zucke die Schultern: "...ich kann ihn nicht korrigieren, wenn er kein Fehlverhalten zeigt und einen 30kg Hund auch nicht in den Kaninchenbau stopfen" :dog_biggrin
Nachdem Wildschwein und Dachs auch ohne Jagdambitionen verliefen sind wir nach 2,5 Stunden heim. Der Hund ist wirklich super brav und kein ambitionierter Jäger, ganz im Gegenteil, ich glaube allerdings, daß es hier einfach ein Verständigungsproblem gibt. Der Hund zeigt zweifelsfrei Wild an und wartet förmlich auf ein Jagdsignal , die Besitzerin geht darüber hinweg ( nicht aus Böswilligkeit!- sie sieht es einfach nicht, daran müssen wir arbeiten) und bietet keine Alternative, irgendwann entscheidet der Hund dann selbstständig ( ist ja auch normal) jagen zu gehen.
Ich war fasziniert, wie ansprechbar und brav dieser Hund ist, ich hatte etwas ganz anderes als Jäger erwartet, stellte aber fest, das es wieder ( wie leider sehr oft) ein Kommunikationsproblem zwischen Hund und Halter ist und die HF ihre Hunde und deren Signale nur sehr schwer lesen können.
Ich sehe Jagen und sämtlich dazu gehörigen Ambitionen als völlig normales hundliches Verhalten an und glaube nicht, daß man das einem Hund grundsätzlich abgewöhnen kann ( solche Versuche halte ich eigentlich für völlig sinnlos ) Ich denke, Jagdtrieb wird nur dann kontrollierbar und der Hund abrufbar, wenn ich als Hundehalter mit dem Hund zusammenarbeite, als Ranghöherer entscheide welche Jagd wann und wie eröffnet wird, ihn und seine Signale auch dementsprechend beantworte, wenn ich seine Anzeige ständig ignoriere, ( weil ich sie einfach nicht sehe) oder verkrampfe und den Hund ständig dafür bestrafe, in dem ich ihn anleine und wegziehe, geht er auch irgendwann jagen und wird dann natürlich durch das Hetzen demensprechend motiviert und wenn ein Hund da positive Erfahrungen gemacht hat, wird es extrem schwierig, dass wieder zu dämmen, weil die Ansprechbarkeit einfach mit der Erfahrung und der Motivation) immer weiter abnimmt, die Anzeige in gleichem Maße leiser wird ( weil der Hund ja die negativen Eindrücke: Stress, Anleinen damit verbindet), was dazu führt, daß der erwachsene ambitionierte Jäger, ohne oder nur mit sehr geringen Signalen scheinbar von 0-100 durchstartet zum Jagen und dann auch nicht mehr zu stoppen ist.
Ich fand die "Nummer" gestern Lehrbuch reif, wie man als HF den eigentlich nicht jagdambitionieren Hund zum Jagen "überreden" kann, weil man als HF die völlig falschen Signale sendet und/ oder die Anzeige des Hunde übersieht und wahrscheinlich wäre das der "Einstieg" zu einem größeren Problem.

Soweit zur Vorgeschichte. :dog_biggrin ich hab nun eigentlich den Abend damit verbracht, darüber nachzudenken, da ich auch auf dem HuPl oft damit konfrontiert werde, daß die HF ihre Hunde missverstehen / sie nicht lesen können/nicht mit ihren Hunden "kommunizieren" und die Hunde genau deshalb "Fehler" machen und sich die "Nummer" immer weiter aufschaukelt, weil die Hunde im "Graubereich" unterwegs sind. Auf der anderen Seite kommunizieren unsere Hunde doch so deutlich, und nehmen auch gern bestimmte menschliche Kommunikation an, ich find es zu süß, wenn mich Vari lachend begrüßt :herat und mir grinsend ihre Kauleiste zeigt. Natürlich verstärke ich mit meiner Freude, mir geht einfach das Herz über :dog_biggrin , dieses Verhalten und krieg es dann auch immer häufiger zu sehen.
Und während ich diese Zeilen schreibe liegt das Luder neben mir und beobachtet mich, studiert meine Bewegungen, meine Mimik und Gestik. Kennen wir unser Hunde zu wenig? sind wir schon so verbalisiert, so verkopft, daß wir die feinen Zeichen unserer Hunde nicht mehr lesen können oder es wieder mühsam erlernen müssen?
Ich bin gespannt, wie Ihr das seht.
LG Bine

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Kommissar
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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Kommissar » Mi 20. Nov 2013, 09:59

Hallo Bine,

ein sehr interessanter Bericht, den Du verfasst hast.

Genau deshalb bin ich dafür, das Wort "Hundeschule" durch das Wort "HundeHALTERschule" zu ersetzen und einheitlich in ganz Deutschland einen verpflichtenden Besuch selbiger zu etablieren.
CU - Joachim, + Kommissar Derrik
www.derrik.de

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Anja1402
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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Anja1402 » Mi 20. Nov 2013, 10:10

Hallo Bine,
also wenn ich die Hundebsesitzerin gewesen wäre, ich hätte mich gefreut, dass mein Hund offenbar doch kein so großer "Problemfall" ist, wie ich dachte :dog_biggrin

ich finde das auch bei Martin Rütter immer wieder faszinierend - ja, schlagt mich ruhig, aber ich finde, der Mann hat es einfach drauf, zu diagnostizieren, warum ein Hund sich wie verhält.
ich glaube, Hunde kommunizieren mit so feinen Signalen, dass wir Menschen sie einfach nicht wahrnehmen, wenn wir nicht gelernt haben, besonders darauf zu achten. ist sicher auch eine Erfahrungssache, nach 4 oder 5 Hunden kann man seinen Hund besser lesen als den ersten oder zweiten Hund. wir haben auch die eine oder andere Baustelle, was mit Sicherheit (auch) an dem von dir beschriebenen Kommunikationsproblem liegt :dog_unsure
Nach manchen Gesprächen mit Menschen hat man den Wunsch, einen Hund zu streicheln, einem Affen zuzulächeln und vor einem Elefanten den Hut zu ziehen!
Maxim Gorki

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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von GabyP » Mi 20. Nov 2013, 20:46

Hallo,

das ist doch ein Traumhund, wenn er auf das Jagdsignal förmlich wartet, abrufbar und ablenkbar bleibt.

"Den Hund lesen" hat sicher jeder schon mal gelesen, in der Hundeschule/beim Trainer gehört usw. Bildlich gesprochen lesen wir unsere Hunde aber viel zu sehr quer über die Seite; wie andere sagten, wir nehmen die ganz feinen Signale nicht richtig wahr. Meines Erachtens auch deshalb, weil an jeder Ecke eine Hundeschule/ein "Trainer"/ein "Verhaltenstherapeut" tönt, "dies bedeutet das und jenes das". Selber gucken ist angesagt.

Aber solange man in Grüppchen zum Ratschen und nebenher zum Hundausführen in die Prärie geht, entgehen einem die hundlichen Signale halt.

Es gab noch nie soviele Hundeschulen/Trainer usw. wie heute - und so viele unverstandene, unerzogene oder fehlerzogene Hunde wie heute!

Viele Grüße

Gaby

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Eddis
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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Eddis » Mi 20. Nov 2013, 21:57

Vorherzusehen was jetzt im Hundehirn vorgeht, ja es ist schwierig. Bin ich unkonzentriert gibt es Fehlverhalten. Unsere Hunde beobachten uns viel besser, als wir sie, sie sind ja abhängig von unserem Verhalten und wollen es verstehen. Eddi hat verstanden, daß er im Wald auf den Wegen bleiben muß. Bälle und Spielis lehnt er ab, lieber schleppt er einen überdimensionalen Knüppel. Das ist dann seine alternative Aufgabe zur Jagd.

Katzenbaustelle: Es ist jetzt dunkel wenn wir die Abendrunde gehen. Die Kunst liegt darin sich die Orte zu merken, an denen Katzen den Spaziergängerverkehr beobachten. Sie sitzen hinter Gartenzwergen, in einer Hecke, zwischen den Blumentöpfen, unter einer Treppe.... Eddi bemerkt sie alle. Seine Nase ist in ständiger Bewegung. Wenn er den Kopf hebt, die Rute erhoben, dann ist Vorsicht angesagt. Das geht blitzschnell, ein Schnapp in die Hecke und meistens habe ich dann schon reagiert und die Leine ist straff. Nur der Gartenzwerg fällt um.
Der Hund reagiert immer gleich. Nie hebt er die Vorderpfote, was ein sicheres Zeichen wäre. Das macht er nur im Wald, wenn er Zeit dazu hat.

Von der Jagd abgesehen läßt er sich vor dem Kühlschrank ganz einfach lesen. :dog_biggrin

Was ich auch interessant finde, sind die Zeichen im "Spiel Hundekampf" Es sieht sehr gefährlich aus, wenn Eddi und sein Kumpel ihre Kräfte messen, noch schlimmer sind die Geräusche dabei. Donni schnauft durch die Nase, Eddi bläst durch die Zähne, sie reiben ihre Köpfe aneinander, wälzen sich aufeinander und es ist, als möchte jeder den Geruch des anderen übertünchen. Im ersten Moment ist kein Unterschied zu einer echten Rauferei erkennbar. Doch sieht man genau hin, dann geht alles langsamer zu, beherrscht und kontrolliert. In einem echten Kampf beißt Eddi einfach um sich, egal in was oder wen. Diesen Unterschied bemerkt man jedoch nur, wenn man beides erlebt und für sich analysiert hat.
Einen Hundetrainer braucht man dazu eigentlich nicht.
Lieber Gruß Simona mit Sir Eddi

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Empisandrea
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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Empisandrea » Mi 20. Nov 2013, 22:48

Es ist sehr hilfreich, wenn man seinen Hund lesen kann. Aber Hunde sind auch unterschiedlich lesbar.
Meinen Foxterrier Zocker kann ich deutlich besser lesen als Benton. Woran das genau liegt kann ich nicht sagen und ich bemühe mich, es bei Benton besser hinzukriegen. Mein Hundtrainer oder besser gesagt "Menschentrainer" bemängelt immer, ich sei nicht klar genug in meiner Körpersprache, zuviel Wischiwaschi. Manchmal denke ich, wenn ich klarer werde in meinen "Anweisungen" wird mein Hund auch eindeutiger und einfacher zu lesen. Wir arbeiten unermüdlich daran.
Mit den Jagdambitionen habe ich keine Probleme, Benton bleibt in Wildgebieten an der Leine, denn ich weiß, wenn er etwas Jagdbares sieht, habe ich keine Zehntelsekunde mehr Zeit.....er ist weg, von jetzt auf gleich. Und dann kann ich mit einem steakummantelten Medizinball winken, ich habe keine Chance.
Ich liebe ihn trotzdem...... :herat
Andrea und ihre Jungs
Zuletzt geändert von Empisandrea am Mi 20. Nov 2013, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
Freundschaft heißt, was Dich und mich in Freud und Leid verbindet,
und immer enger wird dies Band, je mehr die Zeit entschwindet.

Uschi

Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Uschi » Mi 20. Nov 2013, 22:49

Hallo,
GabyP hat geschrieben:Meines Erachtens auch deshalb, weil an jeder Ecke eine Hundeschule/ein "Trainer"/ein "Verhaltenstherapeut" tönt, "dies bedeutet das und jenes das".
genau. Kommt ein Hund auf Wijnta zu, bleckend. Ich sage der Frau, sie möge bitte ihren Hund entfernen. "Warum denn?" war die Antwort. "Er bleckt, Wijnta lässt sich nicht ungestraft grundlos die Zähne zeigen, ich möchte nicht, dass was passiert, wenn er ganz her kommt." (Wijnta hatte ich noch an der Leine). "Neeeiiiiiin, er bleckt nicht, der beschwichtigt."

Wijnta wusste das natürlich besser. Der Hund wurde nicht zurückgeholt, mit der Begründung, der ist lieb und beschwichtigt, er kam zu uns, ich ließ Wijnta frei, und Wijnta maßregelte ihn heftig. Die Frau war völlig verwirrt, denn: Die Wijnta verhaut einen beschwichtigenden Hund, das hatte die Frau anders gelernt in der HuSchu, da stimmt was nicht.

Bine hat geschrieben: sind wir schon so verbalisiert, so verkopft, daß wir die feinen Zeichen unserer Hunde nicht mehr lesen können oder es wieder mühsam erlernen müssen?
Ich denk, man braucht auch ein wenig Erfahrung dazu. Immer, wenn etwas "das erste Mal" ist, ist man ja erst mal überrascht und hat natürlich die Vorzeichen nicht erkannt, weil man gar nicht wusste, was man da sah, was sich da ankündigte. Bei der Jagd sieht man es eigentlich von Anfang an deutlich, dieses Gespannte, höchst Aufmerksame, Unansprechbare, Weggetretene, das ist eindeutig.
Ja, oder es ist eben wie Andrea sagt, weg von jetzt auf gleich, ohne Vorwarnung. Da gibts dann nichts zu sehen.

Wenn zwei sich streiten, sind es viel feinere Signale, die man als Mensch oft nicht erkennen kann. Ich denke da immer noch mit Erstaunen an zwei fröhlich spielende Hündinnen, aus denen im Bruchteil einer Sekunde ein wütendes, streitendes Knäuel wurde.

Bine hat geschrieben:Hund spannt sich, nimmt kurz Augenkontakt auf
Na, das ist doch super, dann fragt er sogar noch: "Gehen WIR? Du kommst doch mit?" :dog_biggrin



LG
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Re: Kommunikation- den eigenen Hund lesen können...

Beitrag von Regine » Mi 20. Nov 2013, 23:06

Hi Bine,
bei mir liegt es weniger daran , dass ich meinen Hund nicht lesen kann, sondern dass er mich zu gut lesen kann und das schamlos ausnutzt.... :dog_biggrin
Geeny würde nie jagen gehen , wenn ich aufmerksam bin, sie in einem Radius von 10m um mich rum ist und es keine hochstehenden Felder gibt in denen sie abtaucht...aber sie weiß sehr genau, wann ich mit dem Jungvolk beschäftigt bin und nicht auf sie schau....und dann ne frische Wildfährte....der Tag ist für sie gerettet... da könnt ich mit ner Rehkeule winken....Gut dass diese Tage sehr selten sind....
LG Regine
Den Reichtum eines Menschen kann man an den Dingen messen,
die er entbehren kann, ohne seine gute Laune zu verlieren.

Henry David Thoreau (1817 - 1862), US-amerikanischer Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker

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