Gedanken zu Führung und Erziehung

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Freddy

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Freddy » Mo 11. Okt 2010, 18:40

Hallo zusammen,

sehr interessant Eure Beiträge über das Zusammenleben mit mehreren Hunden. Ich denke in intakten "Rudeln" mit stabiler Rangordnung wird es für den "Rudelführer" nicht viel zu regeln geben...in anderen Fällen kann sicher ein deutliches Wort zur rechten Zeit eine weitere Eskalation verhindern.

Es gibt Vorraussetzungen die erfüllt sein müssen, damit Hunde unseren Anweisungen sicher folgen.
Die erste und wichtigste Grundbedingung wäre sicherlich das der Hund versteht, was wir von ihm wollen. Das Kommando muss sicher erlernt und generalisiert worden sein.
Weiterhin haben wir festgestellt, das es sehr wichtig ist, das unsere Hunde uns als (ranghöhere) Führer anerkennen.

Welche Gründe könnte es noch dafür geben, das Hunde (manchmal durchaus berechtigt) "NEIN" sagen? Nur mal ein paar Beispiele, aus Sicht des Hundes, die mir dazu einfallen:

Nein, ich habe Schmerzen wenn ich deinem Kommando folge. Ich hatte mal einen Hund der das „Sitz“ wegen Schmerzen verweigert hat....

Nein, ich das nicht tun, weil ich Angst habe oder mich damit in eine Gefahrensituation begeben würde...

Nein, ich kann das nicht, weil ich körperlich nicht dazu in der Lage bin...
So wie mir vor ein paar Tagen passiert: Felix schläft bei uns im Schlafzimmer. Nachts um 3 Uhr werde ich wach, weil er ganz leise "fiept". Ich sage ihm schlaftrunken: Leg dich wieder hin...und sei still...-grummel-. Er hört aber nicht lange auf mein Kommando und nach ein paar Minuten geschieht wieder das Gleiche. Nun "springe" ich aber doch aus dem warmen Bett und gehe mit ihm in den Garten...in allerletzter Minute....

Nein, das was ich tun soll, ist nicht möglich, aus Gründen die Du nicht kennst...und vielleicht nie verstehst.
Ihr werdet Euch an meine "missglückte" MT-Prüfung erinnern. Felix sollte eine Fährte arbeiten die es "so" gar nicht gab. Er hat super gearbeitet, konnte aber aufgrund "menschlicher Blödheit" die gestellte Prüfungs-Aufgabe gar nicht bewältigen. Natürlich habe ich an ihm gezweifelt, war etwas sauer...die Belohnung hat er auch nicht bekommen :dog_sad . Ich Nachhinein, als ich realisiert hatte, das sein Versagen in Wirklichkeit unsere eigene Dummheit war, kam ich mir richtig schäbig vor :oops: . Er hat er hat sein Bestes gegeben und ich.....nur gut, das Hunde nicht nachtragend sind und uns unsere Fehler vorhalten. Vielleicht ist es an der Zeit, das auch wir die Fehler unserer Hunde ein Stück weit tolerieren können.


Ich nehme an Euch fallen noch viel weitere Gründe ein, warum unsere Hunde "NEIN" sagen. Wir sollten uns also auch immer fragen warum Hunde "NEIN" sagen, sie tun es meist nicht, um uns zu ärgern.


Aber Hunde haben auch Gründe einer Anweisung nicht zu folgen, die uns nicht akzeptabel erscheinen. Unser Hund saust beispielsweise hinter einem Reh her und überhört geflissendlich unseren Abruf. Was dann?
Hier sehe zwei grundlegende Lösungswege um uns dennoch durchzusetzen: Überzeugung und Zwang. Aber das wäre ein neues Thema....

LG
Freddy mit Felix

Eddi

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Eddi » Mo 11. Okt 2010, 19:33

Hallo Freddy,

weitere Gründe für's "nein" sind einfach Dinge, die grad stärker sind, zB Freßtrieb. Im Prinzip würde ich das "nein" zum Wildabruf auch unter "es" ist stärker fassen.

Viele "neins" sind aber oft gar keine richtigen; zumindest meine Hunde sagen oft nicht explizit "nein" sondern "mußich??" oder die etwas renitentere Form: "ähächt?" Gern auch mal ein "häää??" Dabei verrät die Intention, dem Kommando zu gehorchen, zB ein Ohr nach mir zu kippen, ein kurzes Stocken im weitelaufen durchaus, daß Hundi grad akustisch und intellektuell mitbekommen hat, was ich möchte, aber etwas besseres geplant hat.
Je nach Intensität des "Vergehens" folgt das Kommando nun meinerseits etwas lauter und fordernder oder es fliegt gleich was hinterm Hund her (nicht nur ein Fluch :dog_mad ).

Zeigt Hund durch sein Verhalten aber an, daß er dies oder das nicht kann wg Schmerzen oä, so laß ich es gut sein und verwende das was geht. Ältere Modelle können, wie Du schon beschreibst, sich oft nicht mehr richtig hinstezen, bzw ihnen fällt das aufstehen schwer, so daß die dann halt liegen oder stehen können. Da muß man flexibel werden, in dem Maß, wie der alte Hund körperlich unflexibler wird.
Auch wenn die Ohren einfach nicht mehr funktionieren. Blöd nur, daß die alten Dinger es genauso machen, wie alte Leute und teilweise die Schwerhörigkeit als Ausrede nutzen und nur mehr ganz selektiv hören. Ich versuche, solange das Gehör noch geht, bereits zusätzlich Zeichen zu verwenden, damit die Hürde frühzeitig genommen werden kann.

Ein "nein, ich hab Schiß" ist mE auch keine Verweigerung. Der Hund zeigt ja deutlich, daß er sich nicht traut, dann gehört es sich als guter Chef, ihn zu begleiten, vorzumachen, vorsichtig in kleinen SChritten heran zu führen oder einen mutigen Kumpel voran zu schicken.

Ich glauibe, wenn die Beziehung zum Hund stimmt, dann erkennt man schon genau, was und warum es nicht geht. Ich glaube, daß es ein Zeichen guten Chefseins ist, wenn man diese Signale auch verfolgt und den Hund nicht einfach zwingt. Denn er sagt ja auch meist warum und wieso. Uns obliegt es nun, seine Zeichen richtig zu interpretieren. Natürlich auch mal ein Machtwort zu sprechen, wenn er denn einfach mal austesten will.

Ich hatte heute morgen ein interessantes Erlebnis, das vielleicht sogar ganz gut hier her passt
(ich hatte bereits überlegt, wo ich darüber schreiben soll):
Eine Frau kam mit einem kurzhaarigen jagdhundartigen Rüden auf uns zu. Meine beiden waren gerade bei ihrer morgendlichen “Lektüre und Kommentierung“. Jago geht nun zuerst in dieser leicht geduckten Haltung aber mit tiefer Rute, dann freundlich und mit gestellter Rute auf den angeleinten Hund zu, die Frau noch zu weit weg, um ihr zuzurufen, dass Jago zwar nett aber zu taub ist, um mich jetzt zu hören. Sie schien aber zu erkennen, dass Jago freundlich ist und macht ihren inzwischen ängstlich verklemmten und keifenden Hund los. Zirbel, die schon einen neuen Tobepartner erhoffte, musste bei mir bleiben.
Hund rennt, Schwanz komplett untergeklappt, nach hinten keifend avon. Leider hat Jago mich nicht hören können, auch wenn ich es nun probiert habe und latschte noch ein bisschen in diese Richtung, nicht verstehend, warum der denn auf seine höflichen Annäherungen abhaut. Dabei hat er sich sehr freundlich benommen, Kopf weggedreht, Bogen gelaufen, zum schnüffeln nicht frontal hingestellt etc.
Ich dachte, nun nimmt sie ihn endlich an die Leine, dass ich auch Jago zurück holen kann, aber sie steht nur da, selbst als der Schissi auf ihr Rufen nach mehreren Anläufen um Jago herum zu ihr kommt, gibt die Frau ihm keine Sicherheit, lacht, „komisch, sonst macht er das nicht“ (erzählt von Hundeschule und so...). Warum dieser Hund so reagiert hat, weiß ich nicht. Aber ich habe auch überhaupt nicht verstanden, weshalb sein Frauchen nicht mit ihm gemeinsam zu meinen Hunden kam, warum sie ihm nicht vermittelt hat, dass sie ihm helfen würde, falls es nötig sein sollte. Ich kann gar nicht beschreiben, wie die Frau war, aber auch mir vermittelte sie das Gefühl, als ob es ihr ganz egal wäre, dass der Hund so in Not war. Klar, bei solchem überschießendem Angstverhalten ist Ignorieren oft der richtige Weg, aber irgendwie schien es mir hier völlig klar, dass der Hund jemanden brauchte, der ihm zeigt dass er ein Problem im Kopf hat, das sich von selbst auflöst. Ich habe mich dann hingehockt und Zirbel unterm Arm gehalten, da kam er ganz vorsichtig angeschlichen und versuchte mit mir Kontakt zu erhalten, streifte mich im vorbeigehen, buckte kurz an und blickte mich –im Gegensatz zu Frauchen- auch direkt kurz an, leckte sich dann auch mit diesem ganz kurzen Zungestrecken die Nase.
Ich verstehe nicht, wovor der Hund Angst hatte, aber ich hatte den Eindruck, er findet keinen Rückhalt bei seinem Frauchen, obwohl er mit allen körperlichen Mittel darum gebuhlt hat. Das war ihm so immens wichtig, dass er mir als Fremden mit einem weiteren gefährlichen Terrier unterm Arm solche Gesten dargeboten hat und Kontakt gesucht hat.

LG
Eddi

Freddy

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Freddy » Di 12. Okt 2010, 10:52

Hallo zusammen, hallo Eddi,

Deine Geschichte passt sehr gut zum Thema, danke das Du sie erzählt hast.
Eddi hat geschrieben:Viele "neins" sind aber oft gar keine richtigen; zumindest meine Hunde sagen oft nicht explizit "nein" sondern "mußich??" oder die etwas renitentere Form: "ähächt?" Gern auch mal ein "häää??"
happy_02

Ja stimmt, ich hatte das verkürzt dargestellt...

Manchmal, so vermute ich, "fragen" Hunde uns auch : "Sag mir erst, warum...soll ich das tun...".
Beliebte Antwort unter Menschen: Weil ich (der Stärkere) das so will! Das wäre ein despotischer Führungsstiel....

Ich wollte mit meinen Beispielen anregen, auch mal darüber nachzudenken, das Hunde manchmal triftige Gründe haben können unsere Anweisungen in Frage zu stellen. Da sollte man nicht "blind" mit Zwang arbeiten, um den "Willen des Hundes zu brechen", so wie das früher auf vielen Hundeplätzen beliebt war.... :dog_angry

Ein wirklich guter (Rudel-) Führer sieht auch seine eigenen Fehler und lernt aus ihnen. Niemand ist unfehlbar.
Eddi hat geschrieben:Ein "nein, ich hab Schiß" ist mE auch keine Verweigerung. Der Hund zeigt ja deutlich, daß er sich nicht traut, dann gehört es sich als guter Chef, ihn zu begleiten, vorzumachen, vorsichtig in kleinen SChritten heran zu führen oder einen mutigen Kumpel voran zu schicken.
Da kommen die beiden Begriffe "Überzeugung und Zwang" ins Spiel. Wie wandel ich ein "Nein, ich habe Angst" des Hundes um in ein "ok, ich versuche es doch" um? Gewalt und Zwang ist dabei für viele Menschen oft der einfachere, aber meiner Meinung nach fast immer der falsche Weg.

LG
Freddy mit Felix

Eddi

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Eddi » Mi 13. Okt 2010, 00:18

Hallo,

nun ja, bei vielen Leuten kommt es insofern einfach schnell zum Zwang, weil sie eben nicht richtig interpretieren und auf den Hund eingehen können. Mal wird der Hund in seiner Angst bestätigt, durch verkehrtes Lob zum verkehrten Zeitpunkt, dann wieder bekommt er keine Alternative, um das gewünschte Ergebnis doch zu erreichen.
Ich zwinge meine Hunde auch, aber eben nicht bei Angst, sondern bei "nö, mag nich". Im Zweifel suche ich einen anderen Weg. notfalls bin ich Boß und laß das auch mal raushängen, aber wieviel leiber macht mein Hund etwas, weil er versteht wofür es gut ist!
Aber viele Besitzer erkennen eben den Unterschied oft nicht, so daß sich das "nömagnich" etabliert hat. "Hach, da hattter aber Angst; is doch guuuuut-braaaav!!" und Hundi hat mal wieder seinen Willen durchgesetzt. Hat er mal echt Angst, wird er dann von der Führungsschwäche seiner Besitzer überzeugt. SChon haben wir die Grundlage geschaffen, daß der Hund uns nicht mehr vertrauen kann und lieber selber die Verantwortung für sein Leben in die Hand nimmt.

Und immer wieder sehe ich, daß im Alltag die Freude über etwas gut gemachtes ausbleibt. Wie nett ist es anzuschauen, wenn man seinem Hund erzählt, wie toll er soeben war. Natürlich erwarte ich nicht, daß jeder einen Freudentanz aufführt, weil der Hund sitz gemacht hat, sondern die besonderen Dinge, die "nebenbei" gezeigt werden (toll über einen Baumstamm balancieren, endlich Omas wacklige Gartentreppe bewältigt...) werden nicht ausgiebig beklatscht. Man kann auf einem simplen Gassigang immer etwas finden, wo der Hund seine tolle Fähigkeit unter Beweis stellen kann. Und wenn er bloß einmal um einen Laternenpfahl geschickt wird. Halt irgen etwas, womit ich ihm auch zeigen kann: du bist klasse, du kannst was, ich bin stolz auf dich. Das schweißt zusammen, nicht die tranige Runde, jeder dritte Pfosten muß bepinkelt werden, 5 Grasbüschel beschnuffeln und zackzack heim dackeln.
Notfalls bin ich Boß und laß das auch mal raushängen, aber wieviel lieber macht mein Hund etwas, weil er versteht wofür es gut ist. Es mu ßja nicht logisch für den Hund sein, wie etwa daß ein dicker Keks hinter der zu überspringenden Hacke wartet, aber wenn er merkt, daß ich mich freue und das überirdisch finde, daß er über die 30 cm hupfen kann, dann hat er einen Grund es gern zu tun.

Zwang, Gewalt sind für mich keine Motivatiobns- sondern Demotivationsmittel.
Die benutze ich, um unerwünschtes Verhalten zu unterbinden. Da bin ich dann auch gern mal zu drastischen Maßnahmen bereit, wenn der Zweck die Mittel heiligt.
Aber um etwas positives zu erreichen, sollte man positive Verstärkung gebrauchen.

LG
Eddi
konnte auch nichts durch negatives Feedback lernen.....

Freddy

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Freddy » Do 14. Okt 2010, 11:27

Hallo zusammen,

Eddi hat geschrieben:Und immer wieder sehe ich, daß im Alltag die Freude über etwas gut gemachtes ausbleibt.
Ja, das vergessen wir häufig. Da schließe ich mich selber auch nicht aus :problem: . Loben in verschiedenen Ausprägungen ist ein ganz wichtiges Instrument um Hunde (nicht nur Hunde) zu motivieren. Auch das gehört zu unseren Aufgaben als guter Chef.
Eddi hat geschrieben:Zwang, Gewalt sind für mich keine Motivatiobns- sondern Demotivationsmittel.
Die benutze ich, um unerwünschtes Verhalten zu unterbinden.
Ich finde es grundsätzlich besser, den Hund durch Überzeugung zu bewegen, meinen Anweisungen zu folgen. Das funktioniert in fast allen Fällen ( bis hin zum Antijagdtraining) sehr gut bei uns. Aber ich gebe Dir Recht, es gibt natürlich auch Situationen wo man nicht um einen „moderaten“ Zwang herum kommt. Man sollte dann aber vorher, außer in akuten Gefahrensituationen, alle „nein's" und "warum's“ des Hundes sorgsam und selbstkritisch abgeklärt haben...
Leider gibt es auch (Stark-)Zwang der in Richtung Grausamkeit (seelisch und/oder körperlich) tendiert, und aus meiner Sicht grundsätzlich abzulehnen ist. Früher leider in der Ausbildung und Erziehung weit verbreitet, aber auch heute durchaus noch alltäglich, versetzt er Hunde in Angst und Schrecken und untergräbt das Vertrauensverhältniss zum Hundeführer.

LG
Freddy mit Felix

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Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von doris » Do 14. Okt 2010, 11:45

Hallo ihr alle,
ja ich finde es auch schwierig immer zu erkennen wie das NEIN gemeint ist. Mußte es leider auch bitter erfahren. Wie ihr ja wißt fahren wir Trainingswagen im Gespann. Meine Leader-Hündin Kaya wollte letztes Jahr plötzlich wenn es bergauf ging nicht so richtig ziehen, ich habs mit Anspornen komm go go go usw versucht wurde dann irgendwann etwas deutlicher - strenger - ........ eine woche später war das Kreuzband dann ganz durch.... der TA hat mir erklärt daß das bei Hunden nicht wie bei menschen ist, sonder daß es langsam reißt. Ich hab mich echt besch..... gefühlt weil ich sie auch noch angetrieben hab. Geht mir heute noch nach, obwohl jetzt 10 Monate später wieder alles in Ordnung ist. Es ist aber eine Erfahrung die bleibt, ich hoffe daraus gelernt zu haben. Grüße Doris
Stillstand ist Rückstand

Freddy

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Freddy » Do 14. Okt 2010, 11:57

Hallo Doris,

danke für das perfekte Beispiel für:
Freddy hat geschrieben:Nein, ich habe Schmerzen wenn ich deinem Kommando folge.....
doris hat geschrieben:Es ist aber eine Erfahrung die bleibt, ich hoffe daraus gelernt zu haben.
Das ist das Wichtigste :thumbup:. Niemand kann aus seiner Haut und oft verstehen wir unsere Hunde nicht richtig. Wenn wir aber in der Lage sind, aus unseren Fehlern zu lernen war die Erfahrung nicht vergebens...

LG
Freddy mit Felix

Freddy

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Freddy » Fr 22. Okt 2010, 20:11

Hallo zusammen,

mir ist noch ein Aspekt eingefallen der scheinbar nur am Rande zu diesem Thema passt, aber doch sehr interessant ist.

Bisher hatten wir immer ein :„Nein“ ich kann nicht...Aber es gibt natürlich auch ein :„Nein“ ich will das nicht.... z.B.:

NEIN, ich will nicht liegenbleiben. Ich sehe, der Chef ist nicht anwesend oder so abgelenkt, dass er es nicht bemerkt wenn ich aufstehe und mir den verbotenen Apfelkuchen vom Tisch einverleibe...

Hunde sind Meister darin, sowohl Aufmerksamkeit von uns zu erheischen als auch unsere Aufmerksamkeit ihnen gegenüber zu erkennen.

Ein Beispiel: Wenn Felix mich zum Spielen animieren will, stubst er mich mit der Nase an. Hilft das nicht, macht er neben meinen Stuhl "Männchen" und schaut mich dabei von unten wie ein ganz, ganz armer Hund an; Ihr kennt diesen Blick sicher :dog_wub .
Zum „Steinerweichen“, zwischenzeitlich sieht er aber auch immer wieder mal zum Schrank, auf dem seine Spielsachen liegen. Hilft das immer noch nicht, kriecht er unter den Schreibtisch und zieht Papierschnipsel aus dem Papierkorb, die er mir dann ganz schelmisch schwanzwedelnd präsentiert. Spätestens dann hat er zu 99% gewonnen, ich jage ihm mit gespielter Entrüstung seine Beute ab und beschäftige mich endlich mit ihm...Ganz schön clever, unsere Hunde, findet Ihr nicht?

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Hunde wissen ziemlich genau wann wir sie nicht aufmerksam beobachten. Auch ein sonst gut „folgender“ Hund vergisst dann, je nach Priorität der Verleitung, schon mal seine gute Erziehung, wenn Herrchen gerade seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge (z.B. Zeitung liest) lenkt. Da könnte man z.B. klammheimlich von seinem Lager aufstehen und Unsinn machen. Oder etwas stibitzen, obwohl man genau weiß, das man das eigentlich nicht darf...
Die Hunde fragen systematisch ab, wie es um die Aufmerksamkeit ihres Herrchens ihnen gegnüber bestimmt ist...ob es z.B. noch erforderlich ist, Befehle zu befolgen.
Kinder hört jetzt mal weg: Ganz ehrlich, ich fahre auch schon mal bewusst bei Rot über die Ampel, allerdings schaue ich mich schon um ob ich dabei von Gesetzeshütern beobachtet werden könnte... ;)

Es gibt einige sehr interessante Studien dazu. In einem Versuch wurde ein Monitor aufgestellt, in dem der Hund sein Herrchen sehen und hören konnte. Die Hunde haben schnell gemerkt das sie nichts zu befürchten hatten und vergriffen sich nach kurzer Zeit an den Leckerchen. Auf Fingerzeige des Herrchens auf den richtigen Leckerchenbehälter reagierten sie aber trotzdem. Tolle kognitive Leistungen, die nicht mal von unseren nächsten Verwandten, den Primaten, erreicht werden.

LG
Freddy mit Felix

Uschi

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Uschi » Fr 22. Okt 2010, 22:50

Hallo Freddy,
Freddy hat geschrieben:kriecht er unter den Schreibtisch und zieht Papierschnipsel aus dem Papierkorb, die er mir dann ganz schelmisch schwanzwedelnd präsentiert. Spätestens dann hat er zu 99% gewonnen,
Wijnta fährt da andere Geschütze auf. Mit Papierschnipseln gibt sie sich nicht zufrieden. Erst vorgestern kam mal wieder eine Zeitung dran. Oder sie raubt ein Sitzkissen vom Stuhl. Wenn alles nichts hilft, dann werden die Hausschuhe direkt von den Füßen geklaut, möglichst mitsamt dem Socken drin. Sie vermeidet dabei akribisch, die Zehen zu erwischen :dog_biggrin

Ja, und bevor wir barfuß dasitzen und kalte Füße bekommen, lassen wir uns die Schuhe wieder bringen, einen nach dem anderen. Fürs brave Bringen gibts natürlich was Gutes.

Wir haben unsere Hunde so, wie wir sie uns gezogen haben :dog_biggrin



Liebe Grüße
Uschi

Sabom

Re: Gedanken zu Führung und Erziehung

Beitrag von Sabom » Fr 2. Sep 2011, 10:25

Hi,

gestern fühlte ich mich durch Susis verhalten sehr gekränkt.

Zusammen mit meinen beiden Lütten fuhren wir mit dem Rad zu einem Feldweg, der nach ca. 100m eine 90° Rechtskurve macht. Wir sind über die Bahnschienen, die beiden kleinen sind losgebraust, ich ließ Susi absitzen, fuhr ein Stückchen und gab ihr die Erlaubnis loszubrettern. Die Kurve war schnell erreicht, ich übte Superabrufsignal (Hornflöte mit Leberwurst als Leckerli) und Susi drehte um, ich verstärkte ihr zurückkommen mit dem Futterruf (Wutzwutzwutzwutz...). Hund kam an zu mir, ich war im 7. Hundehimmel.

Zuvor hatten wir einen Spielaufenthalt der Kinder auf dem nahegelegenen Mohnsparkspielplatz fein genutzt, um mit dem Gummihuhn am Strick jagen und zu zergeln und ein wenig UO geübt. Susi strich mir wie ein Kätzchen durch die Beine, stupste mich häufig an und ich freute mich riesig.

OK. nach der Leberwurst ließ ich sie wieder laufen und dachte noch so, mh, ohne Kinder schaue ich meist um so unübersichtliche Kurven, man weiß ja nie, wer da kommt (und mit wem an der Leine). Während mir das durch den Kopf ging, sah ich einen Bruchteil einer Sekunde Susis Rute ein kleines Stückchen runter und ein Vorderpfötchen hoch gehen, gefolgt von einem kurzen Blick zurück zu mir. Das sind ihre Anzeichen für überraschtes Treffen auf einen Artgenossen und zack war sie weg.

Ich auch um die Kurve gestrampelt, ein Rufen wollte ich mir da sparen. Tatsächlich ein angeleinter Hund mit Bürste mit angespanntem Frauchen weicht immer mehr ins Maisfeld aus und mein Hund liegt mitten auf dem Weg in Lauerstellung wie ein Bordercollie.
Ich stolz wie Bolle und sehr zuversichtlich ziehe meine Flöte und puste rein....nichts, nicht mal das Ohr von Susi hat gezuckt, ich konnte es gar nicht glauben und habe nochmal gepustet...nichts.
Wäre ich ohne meine Kinder da gewesen hätte ich mich mit dem Rad umgedreht und wäre direkt den Feldweg zurückgefahren, das annimiert sie immer zu mir zu laufen, nur dieses Mal wusste ich, die waren bestimmt schon am Schlangenbach angelangt und warteten dort. Also hab ich den Futterruf einmal benutzt, wie ihr euch schon denkt, nichts, und ihren Namen kannte sie auch nicht mehr. Inzwischen hörte ich den Hund schon bis zu mir knurren, Susi lag wie gebannt auf dem Weg und war erstarrt.

Meine Kurzschlußreaktion war dann mit dem Fahrrad zu versuchen, weiträumig links in der Grasnarbe Susi zu umrunden und einfach weiterzufahren, doch in dem Moment, als sie mich auf sich zufahren hört, erwacht sie und schaut zurück, dreht sich wieder um dachte sie bekäme "Rückendeckung" und pretscht blitzartig nach vorne um den Hund zu inspizieren. Im Vorbeifahren entschuldige ich mich und frage: Beißt der? Antwort: Nein, der hat nur Probleme mit der Rasse.

Es ist ja nun nichts passiert, trotzdem war ich die restlichen 5 km total am Boden zerstört, weil Susi nicht zu mir zurückgekommen ist, als ich sie darum bat.

Tue ich ihr da Unrecht, konnte sie sich überhaupt zu mir umdrehen? War sie so verunsichert, dass sie den anderen Hund nicht mehr aus den Augen lassen konnte? Hatte sie Angst, er beißt sie und hat nicht "bedacht", dass er an der Leine ist?
Oder war ihre Handlung Arbeitsverweigerung?

Nachdem sie ein-zwei Sekunden bei dem anderen Hund gestanden hat, ist sie mir sofort nachgefahren, mir haben die Knie noch lange gezittert und ich habe mich nicht mehr getraut sie loszumachen :dog_sad

LG
Sabine

Antworten

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