Orientieren sich Mantrailer an "sichtbaren" Spuren?

Mantrailing, Rettungshunde, Jagd-, Polizei-, Therapie- und Begleithunde
Teddy.

Orientieren sich Mantrailer an "sichtbaren" Spuren?

Beitrag von Teddy. » Mi 17. Nov 2010, 09:53

Guten Morgen,

mal so ein Gedanke:

Winter heißt doch (eigentlich...) Schnee.

Schnee heißt optisch gut sichtbare Spur.

Wenn nur eine Spur da ist - inwiefern richtet sich Hund nach der Optik?

Daß er bei vielen Spuren das Sohlenprofil unterscheidet, erscheint mir jetzt eher unwahrscheinlich. Was aber wiederum dem Zweibeiner erlauben würde, die "tatsächliche" Spur mit dem Verhalten des Hundes abzugleichen - möglichst ohne den Hund mit diesem Wissen zu beeinflussen.

Übrigens:
Die Vorstellung, gemütlich im Schnee sitzend auf einen Airedale zu warten, hat etwas anheimelndes...!

lg
Dina

redchili

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von redchili » Mi 17. Nov 2010, 09:59

Hallo Dina,

so ganz aus dem Bauch raus würde ich sagen, der Hund richtet sich vielleicht genauso nach seinen Augen, wie wir uns nach unserer Nase richten - also nicht in ausschlaggebender Weise. Wir sind Augentiere, Hunde Nasentiere, und man setzt doch eigentlich automatisch und ohne nachzudenken, unbewusst, genau den Sinn ein, der einen am schnellsten zur Lösung/Entscheidung führt. Würde ich jedenfalls meinen. Freddy?

Viele Grüße,
Antje

Eddi

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Eddi » Mi 17. Nov 2010, 10:45

Hallo,

ich bin zwar nicht Freddy und hoffe sehr auf seine Meinung, aber ich würde das genauso sehen, Antje. Ich denke, die optische Spur juckt den Hund nicht wirklich. Ich riech auch nicht an einer Spur, die ich sehen kann. Nein! Wenn ich sie nicht sehen kann fang ich auch nicht an zu schnüffeln......
Ich stelle mir vor, daß so ein Hund auch andere Faktoren in seine Auswertung miteinbezieht, je nach intellektueller Fähigkeit und Erfahrung, aber grundsätzlich wird er seine Nase gebrauchen und auch ohne weitere optische oder andere Reize klar kommen.
Ich konnte mich davon überzeugen, als ich meine Mutter gesucht habe, denn da hätte Zirbel sie locker im Endspurt mit den Augen lokalisieren können und hat das nicht getan; obwohl Muttern frei sichtbar rumstand (naja, sie hatte sich ja extra umgedreht, damit Zirbel sie nicht gleich erkennt :dog_laugh ) ist Hundi ganz klar nur der Nase nach. Sie hat mal gschwind hin geguckt, aber wenn meine Mutter in dem Moment aufgehört hätte, zu riechen, wäre sie höflich grüßend dran vorbei gewackelt.

So, wie wir es kaum vermeiden können, etwas geschriebenes "automatisch" zu lesen, wenn wir dran vorbei gehen, so wird der Hund automatisch der Nase nach gehen.

LG
Eddi
immer wieder erstaunt, daß die Welt scheinbar auch ohne Augen bunt ist......

Teddy.

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Teddy. » Mi 17. Nov 2010, 10:54

Hallo,

ich halte die Verknüpfung "Geruch - optische Wahrnehmung einer einzelne Spur im Schnee" neurologisch (auf die Dauer) für unvermeidlich.

Das kann man sogar Maschinen einprogrammieren (Lerneffekt), wer Interesse hat, ich hätte da einen engl. Text zu bedingten und unbedingten Reflexen, hier würde es sich um einen bedingten Reflex handeln.

(alternativ kann ich auch eine kurze deutsche Zusammenfassung liefern)

lg
Dina

Eddi

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Eddi » Mi 17. Nov 2010, 11:20

Hallo Dina,
Verknüpfung "Geruch - optische Wahrnehmung einer einzelne Spur im Schnee" neurologisch (auf die Dauer) für unvermeidlich.
auf Dauer!
Ich denke, je abwechslungsreicher die Aufgabenstellung umso mehr ist der Hund bemüht, seine Repertoire auszuschöpfen und meinetwegen auch weitere Hilfen hinzuzunehmen.
Nur wenn man ausschließlich im Schnee trailte/fährtete, würde vielleicht eine solche Verknüpfung so fest entstehen, daß Hundi plötzlich dumm dastünde, wenn der SChnee fehlte. Aber ich glaube nicht, daß die Verknüpfung im Normalfall (ausreichend sinnig konzipiertes TRaining) so nachhaltig würde, daß der Hund dadurch dieses "Programm" nicht mehr verlassen würde oder gar auf den Sinn, die Nase, komplett verzichten würde.

Ich glaube, was wir uns dabei immer wieder klar machen müssen, ist, daß selbst wenn der Hund nicht gerade explzit die Nase in einer Spur versenkt, er dennoch reicht. Genau, wie wir weiterhin gucken, auch wenn wir die Zeitung nicht direkt an der Nasenspitze festtackern.
Wo wir glauben -weil wir es so täten- der Hund läuft der Spur auf Sicht nach, wird er zwar -logisch, weil sie ist ja nun mal da!- der sichtbaren Spur nachlaufen, aber er nutzt die Information, die gleichzeitg für seine Nase da sind. Ob da nun Fußtapser sind oder nicht. Ihn würde es wahrscheinlich auch nichtwundern, wenn es nur riechen würde ohne Trittsiegel.

Zum Beispiel kann man sehr schön sehen, wie der Hund die Duftspur des Frisbees in der Luft verfolgt, wenn es bereits (außer Sicht) zu Boden gegangen ist.

LG
Eddi
befürchtet, den Mods mit dem Abschweifen wieder Arbeit gemacht zu haben....*schiebschubsächz*

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Kirsten
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Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Kirsten » Mi 17. Nov 2010, 13:52

Hallo!
Wenn Schnee liegt, kann man auch mehrere Spuren legen und nur eine ist die zu suchende Trailspur - aber gerade der Mantrailer läuft oft nicht auf der Spur, sondern je nach Wind daneben und dann stört auch keine sichtbare Schnnespur. Die Kälte ist nur für das Opfer unangenehm...
Tschüß Kirsten

Freddy

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Freddy » Mi 17. Nov 2010, 15:17

Hallo zusammen,

das meiste ist schon ganz richtig gesagt worden...

Teddy hat ganz recht, wenn sie meint das die Hunde unbeabsichtigt auf optische Reize, wie sichtbare Schneespuren oder dergleichen konditioniert werden können.
Ein Wolf würde ein z.B. flüchtendes Wild das er sehen kann ja auch in erster Linie mit den Augen orten. Wenn er es einen Augenblick aus dem Auge verliert, könnte ich mir auch vorstellen das er einer gut sichbaren Spur im Schnee folgen würde...

Beim Mantrailing ist aber es aber generell unerwünscht das Hunde auf optische Verleitungen oder Bodenverletzungen (optisch und olfaktorisch) reagieren.
Ein großer Teil der Ausbildung besteht darin, genau dieses zu verhindern. Man lässt sich z.B. eine Fährte von zwei Personen legen. Kurz vor dem Ende der Fährte trennen sich die peiden. Die gesuchte Person (die mit dem GA übereinstimmt) ist unsichtbar versteckt, die Verleitperson ist sichtbar am besten in Warnjacke und in Opferhaltung.
Der Mantrailer lernt von Beginn an, nur dem Individualgeruch des Opfers zu folgen. Deshalb ist es meiner Meinung nach wichtig möglichst früh damit zu beginnen ihm alle anderen Orientierungsmöglichkeiten vorzuenthalten. Beispielsweise indem man von Anfang an, auf Teer trainiert. Dort gibt es keine Bodenverletzungsgerüche und keine optischen Hilfen. Später wird man versuchen das Verhalten “Dem Individualgeruch des GA folgen“ sorgfältig zu generalisieren. Danach sollte der Hund alle Verleitungen sicher ausschließen können.

Um also nochmal auf Deine Eingangsfrage zurückzukommen:
Teddy. hat geschrieben:
Wenn nur eine Spur da ist - inwiefern richtet sich Hund nach der Optik?
Gar nicht. Als gut ausgebildeter Mantrailer richtet er sich nach keiner Optik.

LG
Freddy

Teddy.

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Teddy. » Mi 17. Nov 2010, 15:35

Ist eine Spur OT, aber
Freddy hat geschrieben:(...)Ein Wolf würde ein z.B. flüchtendes Wild das er sehen kann ja auch in erster Linie mit den Augen orten. (...)
das trifft meiner Erfahrung nicht auf Hunde zu. Bonny ist mal querab in den Wald, weil dort Wild war. Ich konnte sehr schön beobachten, daß Bonny der Spur folgte, während ich noch das Reh davonziehen sah. Bonny hätte es auch sehen müssen bzw. können - hätte sie mal den Kopf gehoben. Hören mußte sie es!

Ich bin mir ziemlich sicher, daß sie es gesehen hat, auch in Bewegung, aber sie ist trotzdem der Spur nach und nicht in gerader Linie dem Reh hinterher.

(Zugegeben, ich fand das sehr praktisch, denn nach einem Moment war sie dann abrufbar - mit Sichtkontakt hinterher, hätten wir vermutlich (mindestens) das Abendessen gesichert gehabt - und eine Menge Ärger...)

Ich finde es faszinierend, welche Abstufungen von "Erkenntnis" es gibt. Die Verknüpfung "Geruch - Optische Spur" ist beim Hund sicher mehr ein bedingter Reflex, hinter dem keine "Überlegung" steckt. Wohingegen der Mensch solche Zusammenhänge wohl eher selten intuitiv mitbekommt, sondern kognitiv erfaßt.

Womit sich die Frage stellt, welche Verhaltensweisen des Hundes sind "überlegt"?

lg
Dina

Freddy

Re: Mantrailen als Workshop?

Beitrag von Freddy » Mi 17. Nov 2010, 19:59

Hallo,
Teddy. hat geschrieben:das trifft meiner Erfahrung nicht auf Hunde zu.
Ich würde eher sagen : ..das trifft nicht auf alle Hunde zu. Die meisten Hunde könnten von ihren "Jagdfähigkeiten" ohnehin nicht mehr leben...

Der Mensch hat gezielt bestimmte Eigenschaften des Wolfs herausgezüchtet. So gibt es Rassen die mehr mit den Augen jagen (Greyhouds z.B.) und andere die sich mehr oder fast nur auf ihre Nase verlassen. Und es gibt sicher noch auch noch individuelle Unterschiede.

In dem Zusammenhang fiel mir eine mögliche Erklärung für ein interessantes Phänomen ein: Verschiedene Terrier wurden ja für die sogenannte Baujagd (auf Füchse, Dachse usw.) gezüchtet. Welche Terrier ganz genau im Erbgut des Airedale schlummern weiß ich nicht, aber vielleicht waren welche darunter, die im Bau jagen mussten. Das könnte dann auch erklären warum Felix ganz besonders gut in Gebäuden suchen kann. Er filtert fast unfehlbar aus einem Duftspurengemisch die frischeste Fährte heraus. Ich hatte mal mit einem Profitrailer mit Bloodhound eine Diskussion darüber geführt. Er hielt so etwas für kaum möglich - viel zu schwer für Hunde. Naja, Bloodhounds und deren Vorfahren mussten vielleicht nicht im verwinkelten Bau jagen...
Teddy. hat geschrieben:Womit sich die Frage stellt, welche Verhaltensweisen des Hundes sind "überlegt"?
Da sind die Verhaltensforscher noch nicht zu einem abschließenden Urteil gekommen. Es kristallisiert sich aber zunehmend heraus, das Hunde auch kognitiv und durch gezielte sinnvolle Nachahmung lernen können. Nur lässt das, selbst mit ausgeklügelten Versuchsanordnungen, leider nicht immer sauber von der normalen klassischen Konditionierung trennen.

LG
Freddy

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Stefan K.
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Re: Orientieren sich Mantrailer an "sichtbaren" Spuren?

Beitrag von Stefan K. » Fr 19. Nov 2010, 09:21

Meine Erfahrung ist, das Hunde nicht "Multi-tasking" fähig sind. Sie konzentrieren sich auf das Wesendliche, wenn sie Ihrer Aufgabe hinterher gehen.
Wenn Benny seine Nasenarbeit macht, interessiert ihn weder verbale noch sichtbare Komunikation. Nur ein leichter Leinenruck "resetet" ihn für eine Weile.
Benny hat vor zwei Monaten auch seinen "ersten Fall" bravorös gemeistert, in dem er einen Goldie, der vom Nachbarn ausgebüchst ist, gefunden hat.
Wir waren gerade mit der "Spät-Gassirunde" fertig, als ein Nachbar seinen Hund rief und seine Kumpels anschnauzte, warum die das Gartentörchen aufließen. Auf meine Frage hin, ob wir helfen können, erklärte mir der Mann, das der Goldie wiedermal ausgebüchst sei. Ich bat ihm, etwas zum schnüffeln für Benny zu geben und er brachte eine riesige Hundedecke raus. Die hielt ich Benny zwangsweise an die Nase(das habe ich schonmal mit einen T-Shirt meiner Tochter gemacht, die er spasseshalber suchen sollte). Benny hat´s irgendwie begriffen und ist die Strasse zurück gelaufen, bis hin zu einer Querstrasse, die wir auf der Gassirunde nicht abgegangen sind. Nach ca. 400m. hat er den Goldie "gestellt", der nicht gerade amüsiert war, das sein Ausflug nun vorbei ist.
Ich mache mit Benny öfter mal Spiele, in dem ich ihm Leckerlie(mittelalter Gouda) vor die Nase halte und dann verstecke. Oder unter einem Kleidungsstück von einer Person in unserem Haushalt verstecke ich das Leckerlie und lasse ihn wieder vorher an einem ähnlich-riechenden Kleidungsstück riechen. Dann Suchen und fressen. Ansprechbar ist Benny, wenn er sucht, dann aber nicht. Nur der leichte Leinenruck bringt ihn ganz kurz zurück.
Vieleicht war´s nur Glück oder Schicksal, aber der Goldie ist wieder da, wo er hingehört.

Gruß, Stefan & Benny
"Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit dem Radius Null - und das nennen sie dann ihren Standpunkt." (Albert Einstein)

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