Führervertrauen

rb_Uschi
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Führervertrauen

Beitrag von rb_Uschi » Di 17. Jun 2008, 00:19


Hallo,


nachdem in einem anderen Thread viel von Führervertrauen die Rede ist, möchte ich Euch mal fragen, was darunter genau zu verstehen ist, und welche Auswirkungen das Fehlen des Führervertrauens hat.


Heißt es, dass der Hund Schutz sucht in bedrohlichen Situationen, z.B. wenn ein anderer Hund angreift,

heißt es, dass der Hund immer und überall gehorcht, weil er der Entscheidung des HF blindlings vertraut?


Was ergibt sich sonst noch daraus, positiv wie negativ?



Neugierige Grüße

Uschi


rb_lutz
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Führervertrauen

Beitrag von rb_lutz » Di 17. Jun 2008, 13:25


Hallo Uschi,


in einer vernünftigen, engen Bindung des Hundes zum Hundeführer, in der einwandfrei geklärt ist wer der Chef und Rudelführer ist der die Entscheidungen trifft was gut und was schlecht ist, sollte sich auch automatisch ein Führervertrauen aufgebaut haben.


Das heißt der Hund vertraut seinem Führer auch in Fällen die ihm sonst suspekt oder gefährlich vorkommen würden, ohne wenn und aber, da er aus der Erfahrung gelernt hat, dass er seinem Menschen ohne Probleme folgen kann und ihm dabei keine Gefahr droht bzw. sein Mensch weiß, wie man einer Gefahr am besten begegnet.

Als Beispiel möchte ich hier einmal das Überqueren einer verkehrsreichen mehrspurigen Fahrbahn, natürlich nur an der Leine, anführen.

Wenn wir dann in der Fahrbahnmitte auf einer schmalen Verkehrsinsel stehen und die Fahrzeuge einschl. donnernde leere Muldenkipper und ballernden Motorrädern dort an der Schauze und am Hintern vorbeifahren muss der Hund sich schon, ruhig sitzend, auf mich verlassen können und Vertrauen in mich setzen da er dort kaum den Überblick haben wird.

Selbsverständlich hat ein selbstbewußter Gebrauchshund bei einem Angriff eines anderen Hundes das Recht sich zu verteidigen ohne erst seinen Hundeführer um Erlaubnis zu fragen oder dort gar Schutz zu suchen und sollte auch bei einem echten Angriff eines Menschen auf ihn oder seinen Herrn erkennen können wen es zu verteidigen gilt ohne das hier eine eingeübte reglementierende Prozedur ablaufen muss.


In einer sonst auch noch so guten Bindung kann kein Führervertrauen entstehen wenn der Hund zu sehr vermenschlicht wird und die Rangordnung nicht geklärt ist dass der Mensch der Boss ist und im Rudel ansagt was Sache ist.


Echt krankhaften Angststörungen und Phobien, die meist immer aus Traumatisierungen und genetischer Veranlagung zusammengesetzt sind, wird man aber nur mit einem vom Profi unterstützten Konfrontations- und Deeskalationstraining und evtl. Medikamenten beikommen können ähnlich wie man es bei Menschen mit Flug- oder Höhenangst, Angst vor engen Räumen oder Menschenansammlungen usw. macht.

Erst wenn man solche Panikattacken in den Griff bekommen hat kann Führervertrauen sich aufbauen, da ein in echter Panik geratener Hund kaum ansprechbar und blockiert ist.

Kleinere Macken wie das ein Hund keine Fliegen oder Wespen mehr mag sind wohl nicht behandlungsbedürftig und sollte man auch jedem Hund wie auch uns selbst zugestehen.


Mit freundlichen Grüßen lutz mit Joker

[Dieser Beitrag wurde am 17.06.2008 - 13:44 von lutz aktualisiert]



Die Beziehung zwischen einem Mann und seinem Hund ist heilig,

was die Natur vereint hat, soll keine Frau trennen.

A.R. Gurney

rb_Freddy
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Beitrag von rb_Freddy » Di 17. Jun 2008, 14:10


Hallo Uschi,

sehr interessantes und kompliziertes Thema.


Uschi schrieb:
...dass der Hund immer und überall gehorcht, weil er der Entscheidung des HF blindlings vertraut?..


Das hat meiner Meinung nach mehr mit blindem Gehorsam(Kadavergehorsam) zu tun als mit Vertrauen.

Mir fällt dazu ein Film ein in dem einem Hund befohlen wird ein Holz zu apportieren. Das Stöckchen wird über eine undurchsichtige Hecke geworfen und der Hund springt über die Hecke ..........und landet zig Meter tiefer auf den Klippen. Der Hund hatte sicher viel Vertrauen aber vielleicht war er auch nur "blöde" und wurde auf diese Weise von der Evolution "aussortiert".

Ich denke auch (Hunde)-Führer können Fehler machen und niemand sollte "blind" vertrauen(gehorchen), also:

Vertrauen -ja-

blindes Vertrauen -nein-.


Vertrauensvolle Grüße

Freddy und Felix, der mir auch vertraut aber es manchmal auch besser weiß



Die Treue eines Hundes ist ein kostbares Geschenk,

das nicht minder bindende moralische

Verpflichtungen auferlegt als die Freundschaft

eines Menschen.

(Konrad Lorenz)

rb_lutz
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Beitrag von rb_lutz » Di 17. Jun 2008, 14:56


Hallo Freddy,


wer das Vertrauen seines Hundes so mißbraucht dass er ihn über die Klippen springen lässt den sollte man m.E. gleich selber hinterher springen lassen.


Vorraussetzung zum Aufbau eines richtigen Führervertrauens ist es dass der Hund mit Respekt behandelt wird und niemals getäuscht oder auch ausgelacht wird. Solche Fehler lassen sich nur sehr schwer wieder ausbügeln.


Mit freundlichen Grüßen lutz mit Joker



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Beitrag von rb_Freddy » Di 17. Jun 2008, 19:36


Hallo Lutz und alle,

mit dem "Klippenspringenlassen" das sehe ich genau so wie du.

Natürlich sollte der Hund mit Respekt behandelt, niemals ausgelacht (obwohl Felix zum Lachen mit seinen Clownerien manchmal Anlass gibt)und auch niemals getäuscht werden.


Ist es aber nicht auch dem Vertrauensverhältnis abträglich wenn der Hund den Sinn einer Strafe nicht versteht? Weil z.B. die Bestrafung zu spät( bei manchen Leuten Stunden nach der Missetat) erfolgt. Oder er nicht weiß wofür( z.B. für eine Übung die er noch nicht beherrscht) er bestraft wird?

Wie oft wird da wohl eine Bestrafung falsch verknüpft? Mit Strafen aller Art sollte man auch aus diesem Grund sehr vorsichtig sein.


LG

Freddy mit Felix



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Beitrag von rb_lutz » Di 17. Jun 2008, 20:29


Hallo Freddy,


klar darf man mit und über den Airedale als großen Clown lachen wenn er herumalbert, man soll Hunde als "Gefühlsmenschen" aber nicht auslachen wenn ihnen eine Übung nicht richtig gelingt weil sie hierdurch verunsichert werden können.


Ich persönlich halte von einer Hundeerziehung die auf Strafen aufgebaut ist oder einer Hundeausbildung mit Hilfmitteln die dem Hund Schmerzen zufügen überhaupt nichts, und bin mir gerade beim Airedale auch sehr sicher dass man hier mit dem Mittel der positiven Verstärkung viel weiter kommt.

Wenn dieses nicht hilft genügen meist ein paar harsche Worte oder man ignoriert den Hund einfach.


Die Methode der "sozialen Ausgrenzung mittels Vertreibung", wie Stripey sie an anderer Stelle beschreibt halte ich schon für grenzwertig da diese in einem Wolfrudel als härteste Strafe für ein Rudelmitglied gilt.


Hundeschulen die glauben ohne diese Methode nicht auskommen zu können, und auch sonst eher auf Bestrafung als positive Verstärkung setzen, würde ich meiden.


Hierbei möchte ich aber nicht ausschließen dass es bei dem einen oder anderen Hund im Ausnahmefall nicht ohne Strafe als Erziehungsmittel geht.


Viele Grüße von lutz mit Joker

[Dieser Beitrag wurde am 17.06.2008 - 19:36 von lutz aktualisiert]



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Beitrag von rb_Muecke » Di 17. Jun 2008, 21:58


Hallo Uschi,


neben den von Lutz beschriebenen Aspekten: Bindung, klare Rangordnungsverhältnisse, gemeinsame Erlebnisse,etc. -spielt denke ich die eigene Souveränität eine wichtige Rolle.

Es überträgt sich ja soviel von eigener Stimmung, Gefühl auf den Hund.

Der Hund sollte in für ihn scheinbar brenzligen Situationen nicht unbedingt Schutz suchen beim HF, aber sich an ihm orientieren. Ist der HF cool, weil keine objektive Gefahr droht, sollte der Hund das im Idealfall übernehmen.

Bei einem echten, bedrohlichen Angriff wird der Hund ebenso spüren, daß Herrchen/ Frauchen unter Adrenalin steht und zur Rudelverteidigung ansetzen.


(So ähnlich hatte mir das mein damaliger Anti- Angst- Hundetrainer gesagt.)

Wenn das Führervertrauen fehlt, ist sicher die Gefahr der Angst, bzw. Angstaggression höher.


(Souverän zu bleiben bei einer Angstproblematik fand ich seeehr schwer. Da tobten zuviele Gefühle bzgl. meiner kleinen Maus in mir. Hinter einen reinen "KonfrontationsTherapie" hätte ich daher leider nicht stehen können. Zum Glück führten auch andere Wege zum Erfolg.)


P.S. Aus denselben Gründen,( sensible Übertragung?) weiß der Hund ganz sicher auch, warum man über ihn lacht. Lache ich über Angel wegen Clownerie, dann setzt sie noch einen drauf,ähnlich wie bei Kindern, die merken, daß es gut ankommt.


Viele Grüße,

Mücke mit Angel

[Dieser Beitrag wurde am 17.06.2008 - 21:02 von Muecke aktualisiert]


rb_Uschi
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Beitrag von rb_Uschi » Di 17. Jun 2008, 22:30


Hallo,


ich danke Euch für Eure Antworten.


Das Beispiel von Lutz, dass der Hund vertrauensvoll ruhig auf der umbrandeten Verkehrsinsel sitzt neben seinem Menschen finde ich sehr eindrucksvoll. Von alleine würde der Hund bestimmt niemals dorthin gehen.


Ich glaube auch, dass zumindest die Airedales uns richtig zum Lachen über sie herausfordern (bei anderen Hunden weiß ich das nicht). Wijnta macht das so wie Angel. Je mehr wir lachen, desto größere Späße fallen ihr ein.


Auslachen würde mir nicht einfallen. Ich lache doch auch keine Menschen aus, das finde ich hässlich.


Am wichtigsten finde ich den Aspekt des Vertrauensverlustes durch Strafe. Ich glaube nicht, dass wir in der Lage sind, so punktgenau zu bestrafen, dass der Hund es wirklich verstehen kann.


In der Ausbildung ist das meiner Meinung sowieso nicht angebracht. Ich denke, dass der Hund das Erwünschte tun wird, wenn er es verstanden hat. Wenn ich mich unklar "ausdrücke", für den Hund chinesisch spreche und handle, darf ich ihn doch nicht bestrafen, sondern muss einen anderen Weg finden, mich verständlich zu machen.

Wijnta freut sich unbändig, wenn sie merkt, dass sie es jetzt richtig gemacht hat.

Spreche ich "chinesisch" zeigt sie mir das auch, durch Verweigerung und jammervollen Blick.


Mit der Souveränität ist das so eine Sache. Ich kann Dich gut verstehen, Muecke.

Wie kann ich souverän sein, meinem Hund Sicherheit vermitteln, wenn ich mich fürchte?


Wie fühlt sich dann der Hund?


Viele Grüße

Uschi


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Beitrag von rb_lutz » Di 17. Jun 2008, 22:53


Hallo Uschi,


du wirst deinem Hund kaum etwas vormachen können wenn du versuchst ihm gegenüber Souveränität zu schauspielern wenn du dich selbst unsicher fühlst oder gar Angst hat.

Der Hund wird dich durchschauen und deine Gefühle und Unsicherheiten werden sich auf den Hund übertragen. Bessere "Gefühlsmenschen" als Hunde wirst du kaum finden.

Unser damaliger Welpentrainer und Rettungshundeausbilder hatte das mal mit dem Satz auf den Punkt gebracht:" Wenn zwischen dir und deiner Frau etwas nicht stimmt, braucht der Hund dafür 5 Minuten um das zu erkennen wofür ein Psychologe Wochen brauchen würde".


Hunde können echte. vorhandene Gefühle von nur vorgetäuschten absolut und sehr sicher unterscheiden!


Man kann es eigentlich täglich beobachten wie sich die Gefühle von unsicheren und ängstlichen Hundehaltern bei Hundebegegnungen an der Leine auf den Hund übertragen.

Herrchen oder Frauchen hat Angst ihrem Liebling könnte etwas passieren und gebissen werden, diese Gefühle spürt der Liebling, also droht wohl vom fremden Hund Gefahr, und der wird dann erst einmal vorsichtshalber angegiftet und bedroht, was dann evtl. auch eine Gegenreaktion vom anderen Hund erzeugen kann. Das läuft denn häufig auf so eine Art sich selbst erfüllende Prophezeihung hinaus.


Viele Grüße von lutz mit Joker

[Dieser Beitrag wurde am 17.06.2008 - 22:27 von lutz aktualisiert]



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Beitrag von rb_Muecke » Di 17. Jun 2008, 23:16


Hallo Lutz,


eigene Angst oder Unsicherheit ist sicher das krasseste Beispiel.


Aber das Spektrum ist soviel größer.


Meiner Erfahrung nach sind Gefühle wie Mitleid, Trauer (über meinen eigenen Hund in damaliger Angstsituation) aber auch sehr unproduktiv.

Souveränität vermittelt das auch nicht wirklich!


Da ist Mensch dann gefragt, an sich zu arbeiten. Ich fand das oft schwer. Aber um sowas gehts halt auch.


Viele Grüße,

Mücke mit Angel

[Dieser Beitrag wurde am 17.06.2008 - 22:18 von Muecke aktualisiert]


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