Anlagentest oder "Wesenstest"

rb_Martin
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Martin » Di 26. Sep 2006, 14:47


Da den verschiedenen PMs nach zu urteilen, bei vielen nur eine vage Vorstellung von einem Anlagen- oder "Wesenstest" für Junghunde existiert, möchte ich hier einige Fotos vom Wesenstest der Malinois einstellen und erklären.


Grundsätztlich muß ein Anlagentest natürlich die Besonderheiten der jeweiligen Rasse berücksichtigen und auf deren Charakter abgestimmt sein. Dies gilt für den Ablauf aber vielmehr noch für die Bewertung des Verhaltens des Junghundes.


Der Test beginnt grundsätzlich mit der Vorstellung von Hund und Hundeführer. Es werden Fragen gestellt wie z. B. ob der Hund alleine oder im Rudel gehalten wird, wie der Familienanschuß sich darstellt, Zwinger- oder Wohnungshaltung, natürlich das Alter, ob Hundesport gemacht wird etc.

Diese Fragen sind für den Richter sehr wichtig, da die Vorprägung und Haltung natürlich Einfluß auf das Verhalten hat.

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Während des Test wird der Hund verschieden optischen, akustischen und taktilen Reizen ausgesetzt.


Hier optische und akustische Reize durch Vorhänge aus Planen, Flatterbändern und Dosen.

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Die nervliche Belastung ergibt sich aus den ungewohnten Geräuschen und Gegenständen, aber auch durch das Vorhanden sein von Fremdpersonen in unmittelbarer Nähe und der oft großen Anzahl an Zuschauern, die sich nicht wie auf eine Hundeprüfung ruhig verhalten und Abstand halten, sondern relativ ungezwungen dabei sind. Nicht zuletzt die Masse der Reize und die Dauer der Prüfung stellt eine Belastung für den Junghund dar.


Ergänzt wird der Test durch optische Reize wie Fanfaren, Hupen oder Schüsse. Oder auch das plötzliche Hochziehen von Strohpuppen oder gezielte Umwerfen von Kartons mit "lärmender" Füllung.


Selbstverständlich sollen sich auch die Hunde möglichst ungezwungen bewegen und nicht über Zwang und Komandos zur Ausführung der einzelnen Prüfungsteile gezwungen werden.

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Auch taktile Reize spielen eine Rolle. Das Laufen und Spielen auf Plastikplanen, wackeligen Kartons, Wackelbrettern und Wippen oder das Springen auf Tische gehört dazu.

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Da für den Malinois ein starker Beutetrieb typisch ist, wird diese zum einen zur Motivierung der Hunde genutzt, aber natürlich auch z. B. durch das Spielen mit Fremdpersonen gezielt abgeprüft.

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Bei diesem Junghundtest findet keine Überprüfung des Schutztriebes und der Unterordnungsleistung statt.

Es geht in erster Linie darum, einen Eindruck von der nervlichen Belastbarkeit, der Fähigkeit mit ungewohnten Situationen umzugehen, der Bindung zum Hundeführer, dem Verhalten gegenüber Fremdpersonen und der beutetrieblichen Veranlagung (Spieltrieb)zu gewinnen.

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[Dieser Beitrag wurde am 26.09.2006 - 13:54 von Martin aktualisiert]


rb_lutz
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_lutz » Di 26. Sep 2006, 15:36


Hallo Martin


hier hast du auch mit deinen Bildern einen sehr informativen Ablauf eines Anlagentests mit den Malis ins Forum gestellt. Dank dafür.


O.K. diese Sachen sind sicher sehr aufschlußreich wenn man Hunde nicht vor dem Zeitpunkt testet und teilnehmen läßt bevor sie in die Zucht kommen.


Aber welcher Züchter behält eine Auswahl seiner Hunde so lange bei sich oder ist sich seiner Welpenkäufer so sicher dem Hund die Chance zu geben an solchen Anlagentests teilnehmen zu können?


Wir als normale Hundehalter und Welpenkäufer müssen beim Abgabetermin eines AT-Welpen mit ca. 10 Wochen zwar nicht gerade den AT "im Sack " kaufen, aber sind bisher doch wohl darauf angewiesen dem KfT in Sachen Zuchtzulassung zu vertrauen.


Ich denke durchaus das solche Tests ihre Aussagefähigkeit haben aber andersherum müßtest du m.E. mit dem Spätentwickler Airedale fast 3 Jahre für den Zuchteinsatz warten um seinen gefestigten Charakter zu erkennen und zu hoffen dass er diesen auch in der Nachzucht so weiter gibt.

Wofür wird denn dieser Test für noch nicht "fertige" Junghunde gemacht?


In der Praxis werden damit glaube ich die wenigsten Airedalezüchter einverstanden sein werden, wenn ihnen nicht gerade als Großzüchter (was wir nicht wollen) ein entsprechendes Hundematerial zur Verfügung steht.


Ich glaube nicht das wir beim AT zwingend die ZZL durch Anlagentests ersetzen oder damit kombinieren müssen.


Mit freundlichen Grüßen lutz mit Joker


P.S. Ganz speziell zu diesem Schwingboden bei dem Test, hier behaupte ich mal als "alter Seemann", dass jeder Hund, ganz gleich welcher Rasse, ziemlich dämlich aus der Wäsche gucken wird wenn dieses das erste Mal ist und nicht vorher geübt worden ist.

Dieses sage ich aus Erfahrung weil sich Joker auf jedem Terrain sicher bewegt aber hier auch erst herangeführt werden mußte.

Also solche Tests vollkommen unvorbereitet?

Ganz sicher nicht!

[Dieser Beitrag wurde am 26.09.2006 - 15:13 von lutz aktualisiert]



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was die Natur vereint hat, soll keine Frau trennen.

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rb_Kathrin
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Kathrin » Di 26. Sep 2006, 15:48


Hallo Martin,


also die Bilder des Anlagetests gefallen mir. Ich finde so einen Test sicherlich sinnvoller als eine Zuchtzulassung, wie sie momentan existiert.

Die Schwierigkeit sehe ich nur darin, dass ängstliche Hunde und ängstliche Hunde zwei Paar Schuhe sind. Es gibt ängstliche Hunde durch Wesensschwäche. Diese Wesenschwäche wird zu einem sehr großen Teil vererbt. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass solche Hunde nicht in die Zucht gehören.

Allerdings gibt es auch ängstliche Hunde aufgrund von Haltungs- bzw. Sozialisierungsfehlern. Diese Hunde lernen nie oder oft nicht solche Alltagssituationen kennen. Die Ängstlichkeit, die auf solchen Haltungsfehlern beruht, vererbt sich nicht. Das ist eine angeeignete Ängstlichkeit und keine ererbte Ängstlichkeit.


Aber eigentlich finde ich den Test super, denn dann müssen auch Züchter, die bisher nicht so viel zur Prägung ihrer Welpen beitragen auch handeln und schauen, dass sie was verändern, denn schließlich will ja jeder weiterzüchten.


Gruß

Kathrin



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rb_Silke
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Silke » Di 26. Sep 2006, 16:41


Hallo Martin,


ein derartiger Anlagentest wäre sicher eine Bereicherung und ist eine gut Möglichkeit seinen Hund mal etwas auf Herz und Nieren zu prüfen. Allerdings würde ich bei der Umsetzung in die Realität einige Probleme erwarten. Ich fürchte, selbst eine gute Sache würde sich "kaputtregeln" lassen.


Gruß Silke



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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Uschi » Di 26. Sep 2006, 16:44

Kathrin hat geschrieben:Allerdings gibt es auch ängstliche Hunde aufgrund von Haltungs- bzw. Sozialisierungsfehlern. Diese Hunde lernen nie oder oft nicht solche Alltagssituationen kennen. Die Ängstlichkeit, die auf solchen Haltungsfehlern beruht, vererbt sich nicht. Das ist eine angeeignete Ängstlichkeit und keine ererbte Ängstlichkeit.

Hallo Kathrin,


selbst wenn sich die "erworbene" Ängstlichkeit nicht weitervererbt, wäre es nicht dennoch so, dass eine solche Hündin, sollte sie Nachwuchs haben, dieses Verhalten an ihre Jungen weitergibt, dass sie ihnen solches Verhalten lehrt?

Die Kleinen schauen sich doch einiges ab bei der Mutter.


Berichtigt mich, wenn ich mich irre.


Viele Grüße

Uschi


rb_Kathrin
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Kathrin » Di 26. Sep 2006, 17:02


Hallo Uschi,


da hast du schon Recht. Die Welpen können sich das schon abschauen. Allerdings wenn diese Ängstlichkeit beim Rüden besteht, werden sich die Welpen wohl kaum was abschauen können.


Gruß

Kathrin



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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Hiltrud » Di 26. Sep 2006, 17:22


Hallo, Martin

diesen Test finde ich wirklich gut. Die Körung in der Schweiz ist fast identisch. Ich konnte mich letztes Jahr davon überzeugen. ( übrigens ist in der Schweiz für die Zuchterlaubnis keine VPG Prüfung nötig- hat jemand hier geschrieben,ich weiss aber leider nicht mehr wer es war) Diese Körung ist auch ausreichend. Wenn man sich die jetzige Zuchtzulassung für den Airedale anschaut ( finde ich einfach nur noch traurig- mehr möchte ich dazu auch nicht sagen..) wäre so ein Wesenstest ein großer Fortschritt für die Rasse.

Leider wird im KFT so etwas nicht möglich sein, das hat die Mitgliederversammlung am Wochenende deutlich gezeigt.


Mit nachdenklichen Grüßen


Hiltrud


rb_Martin
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Martin » Di 26. Sep 2006, 17:37


Die Aussagekraft für die Zucht eines solchen Testes ergibt sich wie bei einer HD-Auswertung neben dem individuellen Ergebnis vorallem aus dem Gesamtbild der individuellen Ergebnis, das die Nachkommen eines bestimmter Deckrüden /einer bestimmte Hündin, einer bestimmten Verpaarung oder eben auch die Junghunde eines bestimmten Züchters bei solchen Tests erreicht.


Das Einzelergebnis eines Prüfungsteils, wie auch einer Prüfung, kann wie Kathrin richtig anmerkt durchaus negativ oder positiv verzerrt sein. Das wird aber eine Ausnahme bleiben, die den Test ansich nicht in Frage stellt. I. d. R. kann ein solcher Test 1x wiederholt werden.


Anders als Lutz vermutet, besteht in der Abgabepraxis beim DMC kein gravierender Unterschied zum KfT. Allerdings sind die Züchter von diesen Test genauso überzeugt, wie von dem Sinn des HD-Röntgens. Und deshalb nehmen auch sehr viel Welpenkäufer später an diesen Test teil, obwohl die Zucht selbst für sie nicht in Frage kommt. Das spricht für die Durchführbarkeit der test einerseits wie für deren Sinn andererseits. Neben dem DMC gibt es solche Test auch in abgewandelter Form z. B. bei den Parson Russel Terriern und beim DKBS. Also auch bei Hunden die nicht überwiegend im Hundesport geführt werden.


Selbstverständlich darf ein Hund z. B. auf den Wackelboden unsicher und vorsichtig reagieren. Dies wird nicht grundsätzlich negativ beurteilt. Eher positiv! Nämlich dann, wenn erkennbar ist, daß der Hund in der Lage ist eine ihm offensichtlich fremde und unbekannte Situation nach anfänglicher Vorsicht angsfrei zu meistern.


Das optimale Alter dürfte auch beim Airedale bei ca. 10-20 Monaten liegen. Es wird ja nichts "Böses" gemacht. Außerdem wird ein Richter einen 10 Monate alten Hund anders beurteilen als einen 20 Monate alten. Ich hätte keine Bedenken gehabt meine Airedales, die z. T. durchaus vorsichtig reagieren, mit 12-14 Monaten auf einem solchen Test zu zeigen.


Bei einem Hund der älter als 20 Monate ist, wird i. d. R. in sehr starkem Maße das Testergebnis durch die Erziehung, die Halung und das Erlernte dominiert und es ist sehr schwierig Rückschlüsse auf die Veranlagung zu ziehen. Daher macht ein solcher Test dann bedeutend weniger Sinn.


Mir persönlich ist es lieber über die Schwächen meiner eigenen Hunde und die Probleme der Rasse bescheid zu wissen, als diese zu ignoriern oder auszublenden und munter so weiter zu machen, als sei alles Bestens.




Hier mal der Dosenvorhang mit Fremdperson. Interessant auch, daß die angeblich so nervlich schwachen Malinois so etwas alles mit machen, unseren ausgeglichen Familienhunden trauen wir es aber nicht zu.
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rb_Martin
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Martin » Di 26. Sep 2006, 17:49


Nochmal mein persönlicher Standpunkt:


Für den Airedale Terrier der in erster Linie immer Familienhund ist und auch bleiben soll, halte ich persönlich jede Art von allgemeiner "Wesensprüfung", die eine bestimmte Ausbildung oder eine besondere Vorprägung erfordert für falsch und contaproduktiv!


Der Junghund sollte vernünftig gehalten und an die normale Umwelt gewöhnt sein und vor allem Vertrauen und Bindung zu seinem Besitzer haben. Dann kann er auch auf einem einem solchen Test vorgestellt und bewertet werden. Und vorallem ist dies dann auch jedem Junghundbesitzer möglich und zumutbar, was dem Zuchtwart und dem Züchter einen viel besseren Gesamtüberblick bieten würde.


Hier sucht der Hund Spielzeug, daß zwischen Kartons und Luftballons versteckt wurde.
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Betrachtet man alle Bilder (die ja von verschieden Termine stammen) fällt auf, wie stark man den Test varieren kann ohne die Aussagefähigkeit in Frage zu stellen, was aber das "Üben", wie es für ein VPG-Prüfung oder Ausstellung stattfindet fast unmöglich macht. Wenn der Hund nicht nervlich belastbar ist, wird sich das fast immer (zumindest dem Richter) früher oder später im Test zeigen.

[Dieser Beitrag wurde am 26.09.2006 - 16:51 von Martin aktualisiert]


rb_Bettina
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Anlagentest oder "Wesenstest"

Beitrag von rb_Bettina » Di 26. Sep 2006, 18:23


Hallo Martin,


auch ich möchte Dir für diesen sehr informativen Beitrag danken und die Mühe, die Du Dir damit gemacht hast.


Nun meine Frage: ist es zur Zeit nur möglich beim DMC diesen Anlagentest zu machen, oder an welchen Verband/Verein kann ich mich noch wenden?


Ich habe das jetzt so verstanden: da z.B. meine Hündin in genau dem richtigen Alter für den Test wäre, würde das Ergebnis, zusammen mit dem HD-Befund einen weiteren Aufschluß auf die Verpaarung der Eltern der Hündin geben?


Interessierte Grüße

Bettina



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