Der Hund ist immer schuld

allgemeine Themen rund um die Hundehaltung, Recht und Versicherungen
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Uschi

Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Uschi » Mo 6. Feb 2012, 08:30

Hallo,

folgende Meldung hatten wir letzte Woche in der Zeitung:

2. Februar 2012

Hund beißt Kind in den Finger

Am Mittwochmittag leinte eine 53jährige Hundebesitzerin ihr Tier vor einem Supermarkt an, um dann dort einzukaufen. Ein knapp zweijähriger Junge entdeckte den unbeaufsichtigten Hund und wollte diesen streicheln.

Der Hund wusste dessen Nettigkeit jedoch nicht zu schätzen und biss den Kleinen in den Finger, wobei er eine kleine Risswunde erlitt. Die Hundehalterin erwartete nun eine Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung bei der Staatsanwaltschaft.



Ich frage mich, warum diese Hundehalterin eine Anzeige bekommt? Wieso lässt eine Mutter ihr zweijähriges Kind einfach zu einem fremden, angebundenen Hund hinlaufen und erlaubt auch noch, dass das Kind diesen anfasst?

Hat die Mutter damit nicht grob fahrlässig ihre Aufsichtspflicht verletzt und damit ihr Kind gefährdet?



LG
Uschi

gianna
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Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von gianna » Mo 6. Feb 2012, 09:32

Hallo, Uschi,

manchmal muss man sich wirklich fragen, wer in der Verantwortung steht. Natürlich finde ich persönlich auch, dass niemand ein Tier einfach anfassen darf und als Mutter eines Klienkindes unterbinde ich derartige Versuche. Ich weiss aber auch, wieviele Leute frontal mit ausgestreckter Hand von oben und ohne zu fragen auf meinen Joe zugegenagen sind und meinten, ihn antatschen zu können. Man muss sich ja noch Sprüche anhören wie: "wenn der beißt, dann gehört ein Maulkorb drauf" u.ä. Leider bringst Du als Hundehalter die pelzige "Gefahr" in den allgemeinen Verkehr und haftest selbstverständlich, wenn sich die tierspezifische Gefahr realisiert. Ob dazu der andere Beteiligte durch fahrlässigen oder ungefragten Umgang mit Deinem Tier beigetragen hat, tritt zurück.

Schade, aber im Ergebnis lasse ich meinen Hund nicht allein irgendwo sitzen - dumme Menschen gibt´s ja immer.

Lieben Gruß,
Martina

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Bettina
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Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Bettina » Mo 6. Feb 2012, 09:58

Hallo Uschi,

ich sehe es wie Martina und es erfüllt mich gleichzeitig mit Wut.

Man erwartet von anderen, ständig präsent zu sein, vorausschauend zu agieren, um für sich selbst aber allergrösste Freiheiten zu beanspruchen.

Das ist schizophren - aber weil unsere Gesellschaft und eben die Obrigkeiten so sind, versuche ich in solchen Fällen meine Hunde zu schützen. Gehe deshalb eher wieder nach Hause und separat einkaufen, lasse sie im Auto, oder gehe mit jemandem zusammen. Oder oder oder.....

Es geht in unserer Gesellschaft einfach nicht (mehr), daß man das normale Verständnis, das wir und auch die Hundehalterin haben, bei anderen auch voraussetzen können. Man kann gar nicht so verquer denken, wie einem dann schon wieder eins übergezogen wird.

Und die Medien stürzen sich mit Eifer drauf! Kennen wir doch alles!

Liebe Grüße
Bettina
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Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Regine » Mo 6. Feb 2012, 10:05

Hi Uschi,
ich denke das Verfahren wird wegen Nichtigkeit eingestellt werden . Bei einer kleinen Rißwunde kann man ja wohl auch eher nicht von beissen sprechen.
Mir scheint eher ,dass hier mal wieder eine Bagatelle hochgespielt wird.
Ich muß auch über die Mutter des Kleinkindes den Kopfschütteln. Erst läßt sie ihr Kind unbeaufsichtigt zu einem fremden Hund hin und dann bringt sie diese
Uschi hat geschrieben:kleine Risswunde
auch noch zur Anzeige.
Tja manche Eltern sind schon seltsam wenn es um ihre kleinen Prinzen und Prinzessinnen geht....
LG Regine
Den Reichtum eines Menschen kann man an den Dingen messen,
die er entbehren kann, ohne seine gute Laune zu verlieren.

Henry David Thoreau (1817 - 1862), US-amerikanischer Philosoph, Naturalist, Schriftsteller und Mystiker

Jackson

Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Jackson » Mo 6. Feb 2012, 11:20

Hallo zusammen, hallo Regine,

eine Nichtigkeit ist es eben nicht. In der heutigen Rechtsprechung wird der Hund durch die Anzeige als "gefährlich" eingestuft werden und es wird Maulkorbpflicht geben. Das ganze Procedere wird greifen (Wesenstest, Sachkundenachweis). Evtl. wird der Hund sogar eingezogen und ins Tierheim verbracht.

Wir als Hundehalter müssen dem vorbeugen. "Gefahren", die vom Menschen ausgehen können, müssen vorausschauend erkannt werden.

Noch vor 20 Jahren gab es eine andere gesellschaftliche Einstellung zum Hund. Hund war eben Hund mit allen seinen Anlagen. Jeder wusste, dass Hunde auch beissen können. Kinder wurden so erzogen, dass sie damit umgehen konnten. "Streichle keinen fremden Hund, frag vorher immer erst den Besitzer", das wurde mir als Kind so anerzogen. Und wenn mal ein Hund geknappt hatte, wurde man als Kind direkt gefragt, ob man sich fehlverhalten hatte und dann kam "siehste, was hab ich dir denn gesagt", "da haste selber Schuld" oder ähnliches. Dem wurde keine große Bedeutung zugemessen, wenn es zu Bagatellverletzungen, wie Regine schon sagte, kam. Heute ist das aber anders. Ein Beispiel:

Im Fernsehen gab es vor Kurzem einen Bericht über ein Goldi-Mädchen, das auf eine Passantin zurannte und sie kurz ansprang.
Die Passantin fühlte sich bedroht, obwohl der Hund das in freundlicher, überschwenglicher und jugendlicher Art tat und zeigte den Hund und seine Halterin an. Der Hund musste danach einen Malkorb tragen und einen Wesenstest machen, die Halterin den Sachkundenachweis. Auch drohte der Besitzerin die Einziehung des Hundes. Das war ein Drama. Der Hund war der freundlichste und netteste Hund, den man sich nur vorstellen kann, allerdings, ob seines jungen Alters noch etwas unerzogen. Die Halterin besuchte eine Hundeschule, der Wesenstest wurde mit Bravour bestanden. Hier ging alles gut aus. Aber was passiert nun mit dem Hund, der das kleine Mädchen knappte? Ob das auch gut ausgehen wird?

Angesichts dieser Schilderungen ist zu erkennen, dass sich in der heutigen Zeit ein Wandel im Umgang mit Hunden vollzogen hat. Mag sein, dass das mit der Schwemme der Hundehaltung, mit den vergangenen Beißunfällen der sog. Kampfhunde oder generell mit der gesellschaftlichen Einstellung zum Hund zu tun hat. Entweder habe ich Hundeliebhaber, auch manche, die es manchmal mit der Hundeliebe übertreiben, oder ich habe Hundehasser, die sogar Giftköder legen, oder Menschen die keinen Zugang zum Tier und keine Gefühle für ein Tier empfinden können. Die "gesunde" Einstellung zum Tier geht immer mehr verloren. Diesen Trend sehe ich. Demnächst wird der Hund schon als gefährlich eingestuft werden, wenn er einen nur schief anschaut. Da läuft doch ganz gehörig was falsch.

Passt gut auf Eure Hunde auf!

LG Annette

Uschi

Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Uschi » Mo 6. Feb 2012, 11:47

Hallo Annette,

ich hab manchmal den Eindruck, dass es schon an Hysterie grenzt, wie sich manche Leute verhalten, wenn sie einen Hund, selbst wenn er angeleint ist, sehen.


Zu solchen Anzeigen wie oben kommt es m.E. auch, weil man wohl nicht mehr die Verantwortung für sein eigenes Tun übernehmen will. Es wird immer ein Schuldiger gebraucht, wenn was schief gelaufen ist. Selbst hat man doch nie einen Anteil daran. Sowas ärgert mich ungemein.
Jackson hat geschrieben:Passt gut auf Eure Hunde auf!
Ich hoffe, ich kann immer einigermaßen voraussehen, was man meinen Hunden in die Schuhe schieben könnte. Ich werde sie niemals draußen vor einem Laden anbinden, schon aus Angst, dass sie nachher nicht mehr da sein könnten, oder ihnen jemand was antut.

Am Marktstand dürfen sie sich nicht hinsetzen. Denn einmal trat jemand Wijnta auf die Rute. Sie fuhr hoch und wich zurück. Ein anderer Hund hätte im Schreck vielleicht geschnappt.

Manchmal ist es aber einfach nicht zu verhindern, dass man mit anderen Leuten in die Quere kommt, oder ich schließe mich zuhause ein mit meinen Hunden. Wijnta liegt im Gartenlokal dicht neben unserem Tisch. Unter dem Tisch ging nicht, da waren die Verstrebungen des Tisches im Weg. Kommt ein Mann, guckt suchend umher. Ich spreche ihn an: "Vorsicht, da liegt ein Hund, nicht drüberfallen bitte." Er trat trotzdem direkt auf sie drauf, trotz meines Hinweises :nein

Wijnta sprang auf und wich zurück. Was aber wäre nun gewesen, wenn der Mann gestürzt wäre und sich dabei verletzt hätte, weil Wijnta verständlicherweise aufsprang, wenn man auf sie tritt?




LG
Uschi

Lotta

Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Lotta » Mo 6. Feb 2012, 13:20

Hallo Anette,

dein Beitrag spricht mir aus der Seele.

Mir passiert es immer wieder, dass die Eltern nicht fragen, ob die Kinder Lotta anfassen dürfen. Wenn ich auf eine selten gestellte Frage ablehne, interessiert das aber auch nicht! Die lassen trotzdem die Kinder von vorne auf den Kopf zugehen: "der sieht doch so lieb aus, da passiert doch nichts" - und schon ziehen die Kinder am Bart herum.

Als ich versucht hatte einem Kind zu zeigen, dass man nicht von vorne kommt und auf den Kopf patscht oder am Bart zieht, bekamen die Eltern Angst und meinten: "Geh mal von der Tante weg!".

Wenn Lotta im Auto auf mich wartet gibt es genügend Dummköpfe die so lange an die Scheibe klopfen bis Lotta endlich bellt. Komme ich dann werde ich belehrt wie unverantwortlich ich bin!

Verkehrte Welt.

Viele Grüße

Bella und Lotta

Jackson

Re: Der Hund ist immer schuld

Beitrag von Jackson » Mo 6. Feb 2012, 13:23

Hallo Uschi,
Uschi hat geschrieben:"Vorsicht, da liegt ein Hund, nicht drüberfallen bitte." Er trat trotzdem direkt auf sie drauf, trotz meines Hinweises

Wijnta sprang auf und wich zurück. Was aber wäre nun gewesen, wenn der Mann gestürzt wäre und sich dabei verletzt hätte, weil Wijnta verständlicherweise aufsprang, wenn man auf sie tritt?
Das ist eine gute Frage. Ich glaube, da müssen wir auch wieder Vorsorge treffen. Z. B. aufstehen und sich vor den Hund stellen; oder den Mann drumherum führen; oder, oder, oder. Man kann nicht umsichtig genug sein.

Bei uns in der Nachbarschaft ereignete sich folgendes:

Ein älterer Herr benutzt einen Landwirtschaftsweg fahrradfahrenderweise. Ein freilaufender Hund kommt von hinten und überholt den Fahrradfahrer. Der Herr erschrickt und stürzt schwer. Er bricht sich ein Bein, kommt ins Krankenhaus und wird operiert. Nach zwei Tagen stirbt er an einer Embolie. Was aus diesem Fall entstanden ist, weiss ich leider nicht, auch nicht, ob der Hund bekannt war.

Wir können als Hundehalter nicht umsichtig genug sein. In alle Richtungen.

Viele Grüße
Annette

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