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Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Mo 1. Aug 2011, 22:33
von redchili
Hallo zusammen,

gestern beim Spiel mit Luzie und Welsh Toby konnte ich endlich mal in Bits packen, worüber ich seit Jahren den Kopf schüttele. Schaut mal hier:
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Luzie hat den geworfenen Ball fest im Blick, um ihn beim Aufschlag abzufangen oder zumindest gleich da zu sein, wo er aufschlägt, während Toby immer nur zweidimensional agiert - er scannt die Bodenfläche ab und wartet, dass irgendwo was aufschlägt, wo er dann hinrennt. Er ist nie auf die Idee gekommen, nach oben zu schauen und/oder die Flugbahn des Balls zu verfolgen, und wenn man ihn dazu animieren will, wedelt er einen verständnislos an. Hier in diesem Fall hat er sich einfach an Luzie gehängt und rennt "blind" mit ihr, weil er inzwischen weiß, dass sie ihn zum Ball führt (aber natürlich meist schneller ist, und selbst wenn er mal vor ihr da sein sollte, überlässt der Schisser ihr den Ball immer reichlich kampflos).

Noch deutlicher sind eigentlich die folgenden Bilder, denn da hat Toby gar nicht mitbekommen, dass der Ball (von einer anderen Person) schon geworfen wurde, und ist mal - nur um irgendwas zu tun - zu mir gerannt. Beim ersten Bild schielt er mich an, beim zweiten beginnt der Blick, zu Luzie zu wandern. Die schon längst den Aufschlagpunkt des Balls "bewacht".
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Ist Toby einfach nur irgendwie "minderbemittelt"? Beide Hunde sind eindeutige Sichtjäger, das zeigt Toby bei Katzen äußerst eindrucksvoll (er beherrscht sich zum Beispiel, bis die Katze möglichst nahe ist, und legt dann pfeilschnell los), und auch Luzie bevorzugt die Augen gegenüber der Nase, wenn man ihr die Möglichkeit dazu gibt. Aber warum hat Toby in 11 Jahren nicht gelernt, den fliegenden Ball mit den Augen zu erfassen? Hat da einer von Euch eine Erklärung? Oder weitere Beispiele?

Viele Grüße
Antje mit Luzie

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Mo 1. Aug 2011, 22:38
von Uschi
Hallo Antje,

Wijnta schaut auch, wohin der Ball fliegt. Sie wartet auch nicht bis zum Aufschlag, sondern versucht ihn noch aus der Luft aufzufangen.

Manchmal fürchte ich mich da, weil es aussieht und sich auch so anhört, als würde er ihr gaaaaaanz tief in den Rachen fliegen.


Liebe Grüße
Uschi

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Mo 1. Aug 2011, 23:48
von Kolibri
Hallo Antje:

Gute Frage, die Du hier stellst und die ich mich auch schon des Öfteren gefragt habe.

Mein alter Rüde war wie Deine Luzie total auf Sicht. Er hat alles aus der Luft gefangen. Bälle und Fleischreste, die ihm mein Vater und meine Brüder zugeworfen haben. Nichts ist ihm entgangen und sehr selten zuerst auf den Boden gefallen.

Bei Bosco ist es komplett anders. Jedes Leckerli, das wir ihm zuwerfen, fällt definitiv zuerst am Boden und er hebt oft sehr umständlich diese dann auf. Noch extremer ist es bei Bällen. Er versucht diese zwar zu fangen, liegt aber fast immer daneben.

Beim Mäuse jagen bin ich mir nicht so sicher, wie stark er seine Augen wirklich einsetzt. Ich glaube, da ist mehr Nase und Gehör im Spiel. Beim Mantrailing merke ich, dass er die Augen schon sehr stark einsetzt - besonders je näher wir bei der Person sind. Und auch beim Spazieren gehen, ist er immer sehr mit seinen Augen auf mich fixiert (wenn es ihm gerade in den Sinn kommt auch auf mich zu achten). Denn wenn er mich in den Menschenmassen vom Englischen Garten gelegentlich aus den Augen verliert, geht er oft ganz nah an fremde Menschen, schaut ihnen ins Gesicht und geht weiter, wenn es nicht ich bin.

Vielleicht ist er ja kurzsichtig??

Ich habe mich auch schon gefragt, ob er eventuell ein Augenleiden hat und vielleicht schlecht sieht. Aber die Hundetrainerin meinte, dass er sich sonst auch beim Agility blöd anstellen müsste, und das kann ich wirklich nicht behaupten.

Ich glaube, es hängt vielleicht auch ein bisschen von den Erfahrungen ab, die die Hunde gemacht haben als sie klein waren.

Bei meinem alten Rüden ging ich noch zur Schule, als wir ihn bekommen haben und meine Brüder waren auch noch sehr oft zu Hause, sodass wir viel mit ihm gespielt haben - gerade mit Bällen. Oder wir haben versucht, ihm Tricks beizubringen. Bosco hat die ersten 3 Jahre bei meinen Eltern gelebt, die sich nicht so viel mit ihm im Welpenalter beschäftigt haben.

Ich hoffe jedenfalls, dass es so ist... und dass er nicht doch ein Augenleiden hat. Airedale mit Brille wäre etwas unpraktisch.

Liebe Grüße
Kathrin und Bosco.... die endlich wieder einmal Zeit findet, auch was zu schreiben.

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Di 2. Aug 2011, 09:59
von redchili
@Uschi: Ja, dieses Plopp-Geräusch kenne ich auch :dog_biggrin Wie verhält sich Yarosch beim Ballspielen? Orientiert er sich an Wijntas Verhalten?

@Kathrin: Das ist interessant, was Du über Bosco sagst, denn erstens ist Toby der Hund meiner Eltern, die auch nicht wirklich mit ihm gespielt haben. Klar, wir erwachsenen Kinder haben das schon gemacht, aber eben nur, wenn wir zu Besuch waren. Und zweitens zeigt Toby ein irgendwie ähnliches Verhalten, wenn ich ihn mal mit zum Klettern nehme: Ihm sind Menschen, die Wände hochgehen und von Decken abseilen, äußerst suspekt, das scheint nicht in sein Weltbild zu passen. Normalerweise ist er Fremden gegenüber eher indifferent, aber in der Halle, wenn einer von oben runterkommt, läuft er hin und stupst ihn an der Wade an, so als wolle er sich vergewissern, dass es ein Mensch ist.

Viele Grüße
Antje mit Luzie

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Di 2. Aug 2011, 10:36
von BigApple
Hallo zusammen,

könnte mir auch vorstellen, dass der Grundstein für einen "Balljunky" der den Ball dann auch nicht mehr aus den Augen lässt in den ersten 3 Lebensmonaten gelegt wird. Wird da viel und richtig gespielt, ist später deutlich mehr drin. Ich hab mit Marlon auch erst effektiv als er knapp 1 Jahr alt war gespielt und ich bekomm ihn auch nur schwer dazu sich voll auf den Ball (oder ähnliches) zu konzentrieren und einzulassen. Wird mit 2 oder mehr Hunden gespielt rennt er auch nur noch "doof" den anderen hinterher.

Viele Grüße
Bernd

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Di 2. Aug 2011, 11:13
von Freddy
Hallo,

ich habe geglaubt fast alle Hunde schauen mehr oder weniger bestimmten Flugobjekten am Himmel nach. Das ist ja auch z.B. wichtig um Raubvögel zu vertreiben oder Eichhörnchen zu jagen....also letztendlich eine natürliche Verhaltensweise.

Felix ist ein begnadeter Frisby- und Ballfänger. Er "berechnet" regelrecht die voraussichliche Flugbahn und kürzt ggf. Bögen ab.
Wenn ich ihn austrickse indem ich den Ball genau in die entgegengesetzte Richtung werfe, die für ihn aus meiner Körpersprache ersichtlich war, ist er natürlich erstmal verwirrt. Wenn er den Aufschlag hören konnte stürmt er in die entsprechende Richtung. Falls er das Geräusch auch überhört hat, tut er das was alle cleveren Hunde tun: Er schaut mich fragend an um von mir Informationen über den Ballverbleib zu erhalten. Ich zeige ihm dann die grobe Richtung und er versucht den Ball mittels Hochwindsuche zu finden. Das ist zwar langsamer als die Sicht- oder Gehörjagd, führt aber zu 99,9% zum Ziel.

Ich finde es wichtig solche Fertigkeiten von klein auf spielerisch zu üben. Was Hunde als Welpen oder Junghunde nicht rudimentär gelernt haben wird ihnen oft zeitlebens Schwierigkeiten bereiten....

LG
Freddy

Re: Wie sehr auf Sicht gehen Eure Hunde?

Verfasst: Di 2. Aug 2011, 12:06
von Eddi
Moin,

also ich denke, hier vermengen sich zwei verschiedene Dinge.
Einmal die Frage, wie intensiv sich der Hund auf seinen Gesichtssinn verläßt und zum anderen, die Frage, welche Prägungen und Erfahrungen ein Hund von Klein auf gemacht hat.

Meine ATs haben fast alle "auf Sicht" gejagt. D. h. der "richtige" Auslöser zum Hetzen war die Ansicht des Wildes. Zirbel ist sehr extrem in der Hinsicht, sie scannt den Horizont regelrecht nach Wildbewegung oder auch nur Silhouetten. Egal ob im Wald aufgrund der schlechteren Sichtverhältnisse nun die Nase gebraucht wird oder bei der direkten Verfolgung die Augen für den Nahbereicht verwendet werden und die Nase die Richtung vorgibt, im Normalfall sind die Augen der Sinn, der zum Wahrnehmen der Situation verwendet wird.
Jetzt vermute ich mal: Daher wird auch die "Prägung" auf Wild bzw die Belohnung durchs Hetzen primär mit dem Anblick von Wild verknüpft sein; Hunde, die durch stöbern, also dem Geruchssinn, die Beute aufspüren und danach hetzen können, werden wahrscheinlich eher Jagen geruchsinspiriert abspeichern.

Beim Ball mache ich, wie ihr auch, eher die Prägung im Welpenalter verantwortlich. Wird früh und ausdauernd mit dem jungen Hund auf diese Art ein Beuteersatzspiel betrieben, so lernt der Hund, die dafür erforderlichen Sinne frei zu verwenden. Hat er wenig Gelegenheit dazu, so spielt er zwar später vermutlich, aber eher als Mitläufer, denn als Akteur. Meine Püppi, die ich 1jährig gebraucht bekommen habe, wurde als Welpe nie bespielt. Sie hat Zeitlebens keinen Spaß am Spielen gefunden, ist selten mal einem Ball oder Stock nachgeaufen, hat aber nie apportiert oder versucht, micht zum weiter spielen zu bewegen. Jagen und Hetzen war aber voll ihr Ding. Sie hat gestöbert, gesucht und geguckt, um Wild zu finden und war dann unwiderruflich weg, außer ich war mit dem Pony auf freiem Feld schneller und konnte mich im Galopp auf den Hund fallen lassen (Calf-Wrestling, light :dog_laugh ). Püppi hat auch zuende gehetzt, sie war erst befriedigt, wenn sie die Beute hatte (zum Glück ganz selten) oder die Beute weit genug fliehen konnte.

Aber alle die Hunde, die von Baby an schon viel solche Spiele gemacht haben, konnten sehr gut fixieren und abschätzen. Und natürlich haben sie dabei auch von Beginn an gelernt, solche Ersatzbefriedigungen schätzen zu lernen. Für die meisten langt das ja sogar, um gar nicht mehr jagen zu müssen.

Hunde, die solche Koordinationsschwierigkeiten haben wie Bosco, verdächtige ich allerdings schon, einen "Guckfehler" zu haben. Allerdings glaube ich nicht, daß er im Alltag besonders stört und zur Not kann er ja immer noch eine Lesebrille bekommen. :dog_wink
Meine Rough bekommt es auch nie gut hin, ein kleines keksiges Flugobjekt zu fangen. Jgo hingegen hat obwohl altersschlechtersichtig geworden sogar bei schlechter Beleuchtung die meisten Kekse noch bis zum Schluß erhascht. Wobei ich ab und zu da GEfühl hatte, er weiß genau dei Flugbahn einzuschätzen und schnappt dahin, wo das Leckerli vorbei fleigen müsste. Aber wenn man trichreich wirft, kann man schon sehen, daß die Hunde neben der Einschätzung der Flugbahnen auch kurzfristige Korrekturen hinbekommen.

Die Einschätzung der Flugbahn läßt sich auch gut beobachten, wenn zB ein Krümel von oben herabfällt und Hund an der exakt richtigen Stelle unterm Tisch sucht, obwohl die Tischplatte (bei Leuten mit Kultur auch der Teller :dog_laugh ) den Krümel abgefangen hat.

LG
Eddi