Angststörungen bei Hunden
Angststörungen bei Hunden
Hallo Airedalefreunde,
neulich wurde Felix vermutlich von einer Wespe gestochen. Man konnte daraufhin sehen wie die Rute nach unten ging und eine diffuse Ängstlichkeit ( vor den kleinsten Geräuschen, ungewöhnlichen Dingen ……) sich einstellte. Diese Ängstlichkeit blieb einige Stunden (abklingend) vorhanden. Wie der Zufall es will wurde er an dem gleichen Tag dann noch mal gestochen. In der Nacht darauf hat er kaum geschlafen und jedes Geräusch hat ihn wieder verängstigt. Inzwischen hat sich mit homöopathischen Mitteln und Bachblüten hat sich sein Zustand wieder normalisiert.
Da er auch unter Silvesterlärm leidet und es auch hier im Forum Hunde mit „Angststörungen“ gibt, habe ich mir mal zum Thema „Angst“ Gedanken gemacht.
Zunächst mal die Definitionen der Begriffe Furcht, Angst, Phobie und Ängstlichkeit ( nach Sabine Schroll):
Die Furcht ist eine mässige Verhaltensreaktion des Hundes vor einem bekannten oder unbekannten Reiz, den er als wenig gefährlich betrachtet. Der Hund ist psychisch und körperlich in der Lage, den Reiz zu erforschen oder zu flüchten.
Die Angst ist im Gegensatz dazu eine heftige Verhaltensreaktion vor einem bekannten oder unbekannten Reiz, den der Hund als sehr gefährlich ansieht. In dieser Situation ist der Hund weder psychisch noch körperlich zur Erforschung oder Flucht fähig. In solch einer ausweglosen Lage zeigt er körperliche Symptome der Angst wie Speicheln, Hecheln, erhöhte Herzfrequenz, Schwitzen an den Pfoten, emotional bedingten Harn- und Kotabsatz oder Entleeren der Analbeutel.
Die Phobie ist eine zeitlich kurzfristige Reaktion der Angst vor einem genau definierten tatsächlichen Reiz wie bestimmte Geräusche, Männer, andere Hunde, etc., der aber für den Hund keine wirkliche Gefahr darstellt.
Ängstlichkeit ist ein andauernder diffuser Zustand von Angst vor wechselnden und vielfach minimalen Reizen in der Umwelt. Er ist verbunden mit Vorahnung und folglich übersteigerter Wachsamkeit gegenüber kleinsten Veränderungen in der alltäglichen Umgebung, und oftmals mit körperlichen Symptomen wie Erbrechen, Durchfall, Speicheln, etc. Je nach Stadium der Erkrankung reagieren Hunde sehr leicht reizbar und aggressiv, quasi in einer ständigen Verteidigungshaltung gegenüber einer als feindlich angesehenen Umwelt, oder sie werden in ihren Verhaltensweisen immer stärker gehemmt und suchen Entlastung in Ersatzhandlungen wie dauerndes Trinken, Fressen, Pfoten lecken oder übersteigerter Bindung an ihre Bezugsperson.
©Dipl.Tzt. Sabine Schroll
http://www.hundepfoten-in-not.de/angst.htm
Moderne Auffassungen gehen heute jedoch davon aus, dass sich Furcht und Angst viel unähnlicher sind als bisher angenommen, und dass die z. T. gravierenden Angststörungen meist „erworben“ und nicht vererbt sind.
Es gibt sicher eine Unzahl mögliche Ursachen für Angststörungen. Über die beiden die ich hier mal vorstellen möchte, gibt es meines Wissens nach nur (neuere) Erkenntnisse aus dem Humanbereich, aber ich könnte mir vorstellen dass das auch auf Hunde übertragbar ist.
Diese beiden Ursachen könnte man relativ leicht und ohne großes Risiko mit gezielter Nahrungsergänzung beheben.
Als erstes die Kryptopyrrolurie:
Es handelt sich bei der Kryptopyrrolurie angeblich um eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung, die durch die Ausscheidung von Pyrrolen im Urin zu einem Mangel insbesondere von Vit. B6 und Zink führt.
Das heißt lediglich, dass im Körper ein chronisches Defizit an Vitamin B6 und Zink sowie eventuell an anderen Nährstoffen vorliegt. Es ist aber sehr wohl möglich, dass diese chronischen Defizite, die nicht durch eine normale Mischernährung ausgeglichen werden können, über kurz oder lang zu organischen oder psychischen Schäden (Konzentrationsschwierigkeiten, Licht-, Geräusch und Schmerzüberempfindlichkeiten, Schilddrüsenprobleme, Angst) führen können.
Eine mögl. Therapie (u. a.) wäre die Gabe von Vitamin B6 und Zink in der individuell richtigen Dosierung. An anderer Stelle wird die Pflanze „Brahmi“ (Bacopa monnieri) auch als „Nerventonikum“ bekannt, als Geheimtipp genannt.
http://www.kpu-berlin.de/de/Dia_An_Kryp … rapie.html
http://www.kryptopyrrolurie.info/beschreibung.html
Als zweites Vitamin D Mangel:
Auch ein Mangel an Vitamin D, woran heute sehr viele Menschen ( und vielleicht auch viele Hunde?), leiden kann u. a. zu Angststörungen und Depressionen führen. Das würde vielleicht Angststörungen oder Depressionen die vorwiegend im Winter auftreten, erklären.
Im Lebertran, aber auch in Leber und Fisch ist viel Vitamin D vorhanden. Auch vermehrter Aufenthalt in der Sonne (zumindest beim Menschen) kann dem Vitaminmangel abhelfen.
Wieviel Prozent der Angststörungen bei Hunden auf diese Ursachen zurückzuführen sind kann ich nicht sagen, aber für den der schon einiges (ohne Erfolg) gegen die Angststörungen seines Hundes getan hat ist es vielleicht eine neue Chance.
LG und möglichst angstfreie Hunde
Freddy und Felix
Die Treue eines Hundes ist ein kostbares Geschenk,
das nicht minder bindende moralische
Verpflichtungen auferlegt als die Freundschaft
eines Menschen.
(Konrad Lorenz)
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Angststörungen bei Hunden
Hi Freddy,
das ist ein interessantes Thema; vielen Dank für die Mühe, die Du Dir mit der Aufarbeitung der unterschiedlichen Definitionen gemacht hast.
Die Reaktionen auf Wespen- oder Bienenstich kenne ich nur zu gut. Seit Loulou einmal in Frankreich von einem gestreiften, nicht näher zu definierendem Flugobjekt gestochen wurde, reagiert sie mit Rute einziehen, starkem Hecheln und einer Nicht-Ansprechbarkeit auf Summgeräusche in ihrer unmittelbaren Nähe.
Einen Aspekt der Ängstlichkeit möchte ich -basierend auf eigenen Beobachtungen- ergänzen. Einige Hundeschulen propagieren das Mittel der Vertreibung als Bestrafung/Konsequenz bei Nichtgehorsam. Das halte ich persönlich für bedenklich:
Bei meinem Perro weiß ich mit Sicherheit, dass eine Vertreibung bei Nichtgehorsam zu starker Unsicherheit und damit zu einer Ängstlichkeit führen würde. Sie braucht dieses "Urvertrauen", also dieses absolute Vertrauen zu ihrer Führungsperson; jede negative Handlung von mir (Lautstärke, Vertreiben) würde sie verunsichern. Sie würde auch von sich aus niemals etwas tun, was den Einsazu dieses Mittels rechtfertigt, man müsste diesen Anlass also bewusst provozieren. Aber warum soll ich eine solch künstliche Situation schaffen, um dieses Mittel der Vertreibung anwenden zu können? Um sie zu verunsichern und damit die Ausbildung einer Ängstlichkeit zu riskieren?
Ich möchte mit diesem Ausführungen keine Verwässerung des Themas in Richtung "Erziehungsmethoden" betreiben, sondern die Aussage, dass Angststörungen erworben werden, stützen. Die Beziehung Mensch-Hund stellt m.E. den Rahmen dar, in dem der Hund sich entwickelt, und je besser das Vertrauen, die Geborgenheit ist, das diese Beziehung vermittelt, desto sicherer wird auch der sich darin entwickelnde Hund.
Für mich resultiert aus dieser Erkenntnis auf jeden Fall eine individuelle, auf den Hund zugeschnittene Erziehungsmethode, um ihn in seiner Persönlichkeitsentwicklung zu stärken und nicht zu verunsichern.
Gruß aus dem Norden,
Stripey
Groovy greetings and have a nice day Stripey
Angststörungen bei Hunden
Morgen
Dem Hund muss in so einer Situation wie Stripey geschrieben hat Vertrauen vermittelt werden.
Das hat nichts mit verhätscheln, Bedauern ect zu tun.
Wichtig ist einen Bezugspunkt (Hand an Wange, Flanke ect)zum Hund zu haben.
Der Hund darf aber keine Flucht/Ausweichmöglichkeit haben.
Sondern er muss lernen zu spüren, die Hand gibt mir Sicherheit.
So kann man (als Bsp.)dem Hund auf dem Hundeplatz auch die Schussangst nehmen.
Gruss Konny
[Dieser Beitrag wurde am 16.06.2008 - 09:38 von Konny aktualisiert]
Der Weg wächst im Gehen unter Deinen Füssen, auf wunderbare Weise entfaltet sich die Reise mit dem nächsten Schritt.
Frieder Gutscher
www.boyar-vom-drachenhort.de.tl
Angststörungen bei Hunden
Konny hat geschrieben:So kann man (als Bsp.)dem Hund auf dem Hundeplatz auch die Schussangst nehmen.
Hallo Konny,
hast Du das schon erlebt? Das kann ich mir kaum vorstellen.
Unsere erste Hündin litt unter "Knall"-Angst. Nichts hat sie jemals davon erlösen können. Im Gegenteil, jeder Knall, den sie hören musste, verstärkte diese Angst noch, es wurde immer schlimmer.
Unsere Hand hätte sie in dieser Situation gar nicht wahrgenommen, da bin ich sicher. Sie war panisch in solch einer Situation und empfand alles, alles als Bedrohung, selbst einen vorbeigeschobenen Kinderwagen.
Sie zeigte exakt die Symptome, die Freddy unter "Angst" beschreibt, außer dass sie durchaus noch zur Flucht fähig gewesen wäre.
Viele Grüße
Uschi
Angststörungen bei Hunden
Ja Uschi ich habe es so schon erlebt.
Zwar war da wie Du es bei deiner Hündin beschreibst (was ich schon unter Panik verstehe).
War letztes Wochende auf einem Seminar und habe miterlebt, wie einem Hund Sicherheit geboten wurde und er voller Führervertrauen anschliessend war.
Sehr beeindruckend.
Werde diese Art der Ausbildung bei einer Bekannten mit ihrem Hund ausprobieren.
Wenn es da funktioniert, kann ich nur sagen es ist der richtige Weg.
Was ich festgestellt habe (mich teilweise eingeschlossen) fehlen tatsächlich 95 % aller Hunde das absolute Führervertrauen.
In bestimmten situationen ist das leider bei mir und Boyar auch so.
In Situationen, wo ich seine Unwissenheit als Ungehorsam eingestuft habe.
Das werden wir jetzt mal probieren rauszuarbeiten.
Aber den Fortschritt, den er schon an einem Wochenende getan hat, hat mich vollkommen überzeugt, auch die Fortschritte von anderen Hunden.
Gruss Konny
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Frieder Gutscher
www.boyar-vom-drachenhort.de.tl
Angststörungen bei Hunden
Hallo Konny,
könntest Du das ein wenig näher beschreiben?
Ich glaubte, dass Vertrauen etwas ist, was langsam wächst und nicht, dass man das an ein paar Tagen dem Hund vermitteln kann.
Viele Grüße
Uschi
Angststörungen bei Hunden
Hallo Konny,
sehr interessant was du schreibst. Diese Methode ist mir bis jetzt unbekannt.
Vielleicht können wir mal ein Beispiel durchgehen:
Ich sitze mit meinem Hund in einem Biergarten und plötzlich ohne Vorankündigung schlägt ein Blitz ganz in unserer Nähe mit extrem lautem Knall(nicht Donner)ein. Nicht nur die Hunde geraten in einer solchen Situation schlagartig in Angst und Schrecken. Die (meisten)Menschen können aber schnell begreifen welche Ursache der Knall hatte und beruhigen sich wieder.
Wie würdest du dich nach dieser Methode dann verhalten?
Das vielen Hunden das absolute Führervertrauen fehlt sehe ich genauso wie du, hab ich im Mantrailing Thread auch schon so ähnlich beschrieben.
LG
Freddy
Die Treue eines Hundes ist ein kostbares Geschenk,
das nicht minder bindende moralische
Verpflichtungen auferlegt als die Freundschaft
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(Konrad Lorenz)
Angststörungen bei Hunden
Hy Freddy
Das kann ich Dir so nicht sagen.
Es kommt darauf an, wie das Führervertrauen vorher war.
Wenn der Hund das Führervertrauen hat, wird er Körperkontakt suchen und nicht direkt "panisch"reagieren.
Indem Moment, wo er den Körper und Augenkontakt sucht, bestätigung(meinetwegen mit Essen vom Teller im Biergarten)
Wenn der Hund schon vorher Schussscheu war, hilft das auch nicht. dann muss man ganz von vorne anfangen.
Ich persönlich hatte noch nie das Problem, das Boyar "ängstlich" sich versucht hat aus dem Halsband zu winden, was ich in der Ausbildung aber sehr häufig habe.
Gruss Konny
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Frieder Gutscher
www.boyar-vom-drachenhort.de.tl
Angststörungen bei Hunden
Hallo Konny,
das oben beschriebene Beispiel hat sich als Felix ca. 1 Jahr alt war so zugetragen.
Die Angst vor lautem Knall, die erst durch diesen Vorfall entstanden ist, hat sich ( auch durch Desensibilisierungstraining )so gebessert das "normale" Gewitter kein großes Problem mehr sind.
Als er jetzt zweimal von einer Wespe gestochen wurde, hat er in der Nacht auch meine Nähe gesucht und sich direkt vor mein Bett gelegt.
LG
Freddy
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(Konrad Lorenz)
Angststörungen bei Hunden
Ich denke mir, wenn Felix von klein auf (habe ich bei Boyar auch nicht gemacht!), dieses Schema gelernt hätte, wäre dir das alles mit Desensibilisierung erspart geblieben.
Gruss KOnny
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Frieder Gutscher
www.boyar-vom-drachenhort.de.tl