"Leinenaggression"

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Eddi

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Eddi » Mi 13. Apr 2011, 11:53

Moin Freddy,

das ist wie mit den Zahnschmerzen, kaum hat man nach Terminvereinbarung mit dem Zahnarzt den Hörer aufgelegt, sind die SChmerzen weg.
Ein ganz normales Phänomen.... :dog_laugh

Aber wenn das VErhalten nicht vom Führenden abhängt, gewinnt man doch auch schon mal einen Einblick, wo die richtige Diagnose zu suchen ist, oder?

LG
Eddi

Freddy

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Freddy » Mi 13. Apr 2011, 13:29

Hallo zusammen, Hallo Eddi,
Eddi hat geschrieben:Aber wenn das VErhalten nicht vom Führenden abhängt, gewinnt man doch auch schon mal einen Einblick, wo die richtige Diagnose zu suchen ist, oder?
...wo denn, Deiner Meinung nach? :sheep

Ich denke immer noch über die mögliche Ursachen und Motive für dieses (Aggressions-???) Verhalten nach....

LG
Freddy

Eddi

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Eddi » Mi 13. Apr 2011, 14:05

Hallo Freddy,
Freddy hat geschrieben:...wo denn, Deiner Meinung nach?
am Hund oder seiner ERziehung, aber scheinbar nicht in der Handhabung der Leine. Nur ein winziger Punkt, aber wenigstens schon mal ausgeschlossen. Bleiben nur noch 3482 (oder so) andere Möglichkeiten :dog_wink

Du sagst doch, der Hund wäre ohne Leine normal (normaler?). Dann wäre das für mich der Ausgangspunkt, daß er erstmal mit einem Kumpel ohne Leine spielt und dann werden beide spielerisch angeleint und etwas gemeinsam gemacht.
Du schreibst ja, daß er wirklich aggressiv wirkt und die Mimik passt ja dazu.
Wie ist er denn sonst so im Kontext mit seiner Familie/Herrchen? Was für eine Rasse? Hat er auch zB zuhause "Kontrollzwang"?
Ist überhaupt schon mal was dabei passiert, wenn man ihn einfach los- und allein gelassen hat? Macht er's bei absolut allen Hunden oder differenziert er (meinetwegen auch nur in der Intensität) nach Farbe, Größe, Geschlecht? "Heimkind" mit unbekannter Mißbrauchsvergangenheit oder verwöhntes Bürschchen aus "gutem Hause"?
Freddy hat geschrieben:mögliche Ursachen und Motive
Ich kann sowas immer live besser einordnen, obwohl manchmal weniger Nachdenken und zum passenden Zeitpunkt ein beherztes Abbrechen des VErhaltens Wunder wirken können.
Mir kommen die meisten Hunde, die sich so verhalten so vor, als obsie sich an der Leine stark fühlen u/o zu eingeschränkt, um vernünftig zu agierren.
Andererseits ist nichts viel einfacher, als hier unabsichtlich Fehlverknüpfungen herzustellen und dann ist die eigentliche Ausgangsituation kaum noch zu eruieren.
Ich würde immer zweigleisig denken: einmal am "Grundgehorsam" und der viel beschworenen "Bindung" (wie auch immer man sie definieren mag, ich brauche es einfach mal als Synonym für "achtet auf Herrchen, mag gern folgen etc") arbeiten und dabei auch die Leinenführigkeit zu betonen. Zirbel könnte das besser erklären.. Und dann eben an der sozialen Interaktion mit anderen hUnden. Auch hier funktioniert es manchmal erstaunlich gut, wenn ein paar gut sozailisierte Hunde den "Deppen" in den SChwitzkasten nehmen. Soll aber keine Anleitung zum Hundekampf werden. Da müssen sich die Herrchen der "Normalen" wirklich dran trauen. Aber früher oder später muß Kläffi ja mal Kontakt erhalten um, aus der Situation heraus zu kommen.
Der "lange WEg" ist dann eben die Gegenkonditionierung, was sich nicht gegenseitig ausschließt. Auch das würde ich machen. Ob und in welcher Reihenfolge Konfrontation undGegenkonditionierung erfolgen, ist von den Gegebenheiten abhängig. Und von der Geduld der Handelnden. Oder der Ungeduld, wenn ich es wäre. :dog_ohmy

LG
Eddi

Rover

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Rover » Mi 13. Apr 2011, 14:41

Aber früher oder später muß Kläffi ja mal Kontakt erhalten um, aus der Situation heraus zu kommen.
MUSS er?

Freddys Problemhund ist eigentlich schon ganz weit vorne - sein Besitzer versucht, das unerwünschte Verhalten zu ändern.
Viele Besitzer tun das nicht, haben entweder aufgegeben oder finden es in Ordnung, wie es ist. Davon haben wir hier eine ganze Reihe, diese Möchtegern - Rambos mit Herrchens voller Unterstützung am anderen Ende der Leine. "Der will mich nur verteidigen", oder "der kann eben kleine weiße/große braune/schnelle langhaarige.... Hunde nicht leiden" - und fertig sind sie.

Viele Grüße, Kerstin

Ich meine natürlich nicht Felix, sondern den von Freddy erwähnten Problemhund - nicht, dass da was falsch kommt...

Freddy

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Freddy » Mi 13. Apr 2011, 19:00

Hallo zusammen, Hallo Eddi,

vorab schonmal danke für die Tips...
Eddi hat geschrieben:Du schreibst ja, daß er wirklich aggressiv wirkt und die Mimik passt ja dazu.
"...wirklich aggressiv..." ist vielleicht etwas übertrieben. Für einen "Hundelaien" sieht es aber schon danach aus und ich konnte es auch nicht gleich richtig einschätzen.

Soweit ich weiß handelt es sich um einen Labbi-Mix Rüden, 5 Jahre, kastriert, ca 30 KG. Deine anderen Fragen habe ich an die Hundehalterin weitergegeben.
Rover hat geschrieben:Freddys Problemhund ist eigentlich schon ganz weit vorne - sein Besitzer versucht, das unerwünschte Verhalten zu ändern.
Ja, das ist schon mal sehr gut so :thumbup:... und sicherlich eine ganz wichtige Voraussetzung um eine Änderung im Verhalten des Hundes zu erreichen...

LG
Freddy

Freddy

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Freddy » Do 14. Apr 2011, 11:34

Hallo zusammen,

Eddis Fragen:

Wie ist er denn sonst so im Kontext mit seiner Familie/Herrchen? Was für eine Rasse? Hat er auch zB zuhause "Kontrollzwang"?

Ist überhaupt schon mal was dabei passiert, wenn man ihn einfach los- und allein gelassen hat?

Macht er's bei absolut allen Hunden oder differenziert er (meinetwegen auch nur in der Intensität) nach Farbe, Größe, Geschlecht? "Heimkind" mit unbekannter Mißbrauchsvergangenheit oder verwöhntes Bürschchen aus "gutem Hause"?


Die Antworten der HF:

Ich habe ihn mit 16 Wochen von einem Händler bekommen, total heruntergekommen zerbissene Ohren war nur im Stall mit zig anderen Hunden er wurde mir als Labrador gegeben, aber naja irgend etwas anderes ist wohl noch mit drin, keine Ahnung was!

Zu Hause Kontrollzwang?? Nein, hat er nicht, er läuft mir nicht jeden Zentimeter nach oder ist zu erst an der Tür und was es da noch so alles gibt. Zu Hause ist er der liebste Hund...

Wenn mal die Leine gerissen ist und er zum anderen Hund gekommen ist, ist nichts passiert er hat nie jemanden gebissen egal ob Mensch oder Hund und wenn er auf dem Hundeplatz ab und zu mal spielen darf, zeigt er auch ein gutes Sozialverhalten, er ordnet sich unter. Mit Welpen hat er zb überhaupt keine Probleme, mit Kindern ist er aufgewachsen und lässt sich auch sehr viel von ihnen gefallen. Mir ist mal aufgefallen, das er manchmal auch so reagiert wenn er vor etwas Angst hat zb wenn ein Lkw an uns vorbei fährt oder ein Müllsack vorbei fliegt. Ich bleibe dann kurz stehen und gehe ruhig weiter an das Objekt ohne ihn mit zu ziehen und wenn er sieht, es ist nichts schlimmes wird kurz geschnuppert und dann schnell weg...




Zu den Ursachen einer „Leinenaggression“ habe ich folgendes zusammengetragen:

Frustration, habe ich oben ja schon kurz angeschnitten

Stimmungsübertragung, wenn der Halter Angst vor solchen Situationen hat, kann sich diese Unsicherheit bzw. Nervösität auf den Hund übertragen. Vielleicht reagiert er auf diese Angst mit Agression. Vielleicht will er auch sein Frauchen verteidigen...

Fehlverknüpfungen, z.B. wenn der Hund bei Begegnungen an der Leine mit anderen Hunden schmerzhaft korrigiert ( z.B. der beliebte Leinenruck) wurde.

Besonders negative Erfahrungen, möglich wäre auch ein traumatisches Erlebniss an der Leine...z.B. ein massiver Angriff eines anderen Hundes.

Soweit ich das beurteilen kann, gehören „Dominanzproblemenicht zu den typischen Ursachen für eine Leinenaggression. Eine gute Erziehung, "Führerschaft" und Bindung wirkt sich aber sicher in vielen Fällen positv aus.

Man wird die Ursachen für eine Leinenaggression vermutlich nicht immer feststellen können. Ich denke das ist für eine erfolgreiche Theapie auch nicht zwingend erforderlich.
Welche Lösungsansätze bzw. Empfehlungen können wir betroffenen Hundehaltern mitgeben?

LG
Freddy

Eddi

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Eddi » Do 14. Apr 2011, 12:17

Hallo Freddy,

och, ich find ja nicht, daß das so nach echtem Problemhund klingt. Da hab ich schon wüstere (! :dog_wink ) gesehen.
Wenn er grundsätzlich ein freundlicher ist und mit Mensch u Hund gut sozialisiert (wir nehmen das mal als gegeben; meine Erfahrung mit solchen Aussagen sind da manchmal eher konträr), wird sich eine Lösung finden.

Ich würde halt versuchen, da man sicher nicht am ursprünglichen Auslöser -so es ihn denn überhaupt gibt - arbeiten kann, das umzubauen. Nach bereits beschriebenem Vorgehen zB.
Mein Weg ist eigentlich eher die Konfrontation und schnelle Lösung, ich bin halt ein eher ungeduldiges und andererseits auch manchmal etwas "unerschrockener", es notfalls mal zu einer Konfrontation kommen zu lassen. Aber das ist nicht jedermanns Sache. Ich glaube aber, gerade bei Hunden, die an der Leine den Mordsmolli machen und die ohne ganz friedlich sind, muss man sich "einfach mal trauen". Ihnen bei soclehn Aktionen die echte oder vermeintliche Unterstützung durch Herrchen im Hintergrund verweigern, sie allein lassen, weggehen, nicht beachten.

Weiterhin sind erfahrungsgemäß solche Hunde oft auch unterbeschäftigt. Das kann auch (sogar in erster LInie)eine mentale Unterbeschäftigung sein.Oft sind diese Tiere trotz vieler Spaziergänge (immer die gleiche Runde, das gleiche SChema) und "wir werfen den Ball dreimal täglich zwei Stunden lang im Garten" nur hyperaktiv, um Defizite in ihrer geistigen Auslastung zu kompensieren. Sie regen sich schnell auf, fallen schnell in solche eingefahrenen Muster wie stundenlanges stupides Ball- o Stöckchenspiel, Fremde suchen und verbellen auf dem Grundstück mit anschließendem Zaunrasen oder auch Leinekläffzerren, weil sie dann auch noch zusätzlich frustriet werden ,denn keiner ihrer Versuche zur Interaktion wird belohnt.
Ich würde den Hund mit völlig neuen Hobbys konfrontieren, wo er nachdenken muß, Suchspiele, Nasenarbeit (was ihr ja wohl schon mit MT angefangen habt, wenn ich das richtig verstanden hab?). Den Tagesablauf umgestalten, so weing Routine wie möglich. Vor allem, wenn er bei Beutespielen tierisch aufdreht, diese durch ruhigere Suchbetontere Spiel ersetzen. In wie weit solche Hunde ganz oder zeitweise von Zergel- und Rangordnungprovozierenden Spielen ausgesnommen werden, ist sicher auch individuell.

Ob es nötig ist oder nicht, es ist auf jeden Fall sinnvoll, zuhause auf penible Regeleinhaltung zu achten. Auch feste Ruhezeiten zu haben, damit der Hund abschalten lernt.
Und sicher ist es wichtig soziale Kontakte zu knüpfen und zuzulassen. Wenn er kontaktfreudig ist und gern spielt, so staut sich das immer mehr auf und Leine ist stets frustbetont. Ersatzhandlungen bieten, ein kleines nettes "bringdenvordeinernasehingeworfenengegenstand-Spiel" oä. Danach belohnen durch frei lassen. Freundeskreis suchen (für den Hund!), wo er passende Spielkameraden findet.
Nur so eine Idee, weil es auch schon vorkam: Zu guter Letzt auch mal über die Fütterung nachdenken. Vielleicht bestehen parallel auch Darm- u/o Hautprobleme, wenn er zB getreidebetontes TF frißt.
ich schrieb
Aber früher oder später muß Kläffi ja mal Kontakt erhalten um, aus der Situation heraus zu kommen.
Rover hat geschrieben:MUSS er?
Weiß ich nich. Dachte ich, weil Herrchen das ja offensichtlich angehen möchte.
Wenn es für den Besitzer kein Problem wäre, er nicht was anderes wollte, machte er sich ja keine Gedanken, denke ich mal.
Mich würde das beim eigenen Hund völlig kirre machen, mich nerven Hunde, denen ich begegne und die sich so verhalten tierisch. Erstmal weil ich es blöd finde, daß sie nicht normal interagieren können und zweitens weil es auch meine Hunde nervt und die dann auch mit kläffen, Übersprungshandlungen etc reagieren. Muß ja nicht sein, die können doch normal miteinander umgehen.Nicht zuletzt ist es doch immer viel schöner miteinander zu können und nett umzugehen, auch für unsere Hunde. Wenn ich sehe, wieviel Spaß die Tierchen beim freundlichen Spiel haben, und wie frustiert solche in ihrem Halsband hängen, dann wäre für mich persönlich die Antwort "ja, muss".

LG
Eddi

Rover

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Rover » Do 14. Apr 2011, 14:51

Hi Eddi,

natürlich wäre die Antwort für mich auch so.
Ich meinte damit, dass viele Hundehalter das nicht so sehen - bei denen "geht es" auch so, wobei ich das auch wieder nicht als akzeptablen Zustand beschreiben würde.
Viele machen sich eben die Mühe nicht, weil es nicht wirklich NÖTIG ist, sondern irgendwie kompensiert werden kann - am einfachsten, durch Leinefesthalten und Wegzerren :dog_blush

Aber, wie gesagt, dieser Besitzer bemüht sich - und damit ist schon ein großer Schritt getan!

Viele Grüße, Kerstin

Freddy

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Freddy » Do 14. Apr 2011, 19:19

Hallo zusammen,

danke! Da haben wir ja schon eine Menge zusammen...gute Tips bezüglich Erziehung, Auslastung, Futter usw. Ich werde das mal weitergeben...

Etwas genauer möchte ich noch auf die „Gegenkonditionierungsmethode“ die Eddi ja schon angerissen hatte, eingehen.

Insbesondere wenn die Leinenaggression überwiegend auf Frustration zurückzuführen ist, bietet sich diese Methode zusätzlich zu den oben schon genannten an. Immer davon ausgegangen das es wirklich „nur“ um Leinenaggression und nicht an der Aggressionsformen handelt.

Der „Problem-Hund“, nennen wir ihn der Einfachheit halber „Saulus“, wird unangeleint mit einem ebenfalls freilaufenden, besonders freundlichen und ausgelichenen Hund (vielleicht ein Kumpel) zusammengebracht. Kekse, spielen usw. wie Eddi es auch schon beschrieben hat. Das wird öfter wiederholt und es werden mit beiden Hunden auch unangeleinte Spaziergänge gemacht.

Wenn sich die Hunde vertauen und gut vertragen, käme der nächste Schritt. Salus wird, zunächst nur ganz kurz, während des „Trainings“ an einer langen Leine geführt, die möglichst locker durchhängen und ihn nicht behindern soll. Währenddessen wird Saulus für sein ruhiges Verhalten belohnt. Der andere Hund bleibt während der Aktion frei, damit es keinen Leinensalat gibt...

Saulus soll lernen, dass die Leine nichts Böses ist und das man schnell wieder frei kommt, wenn man sich „benimmt“.
Es werden sicher einige Übungseinheiten nötig sein, um aus Saulus :dogs_run einen Paulus :brav zu machen. Man könnte die Leinenlänge langsam reduzieren und die Zeitdauer an der Leine allmählich verlängern. Später wenn alles gut klappt werden auch Begegnungen arragiert, wo man beide Hunde von Beginn an, angeleint zusammenbringt....
Ich denke es kann zusätzlich sinnvoll sein, ein Ersatzverhalten (statt Leinenziehen) zu konditionieren, welches dann immer belohnt wird.

Man könnte aber auch den umgekehrten Weg gehen und den Hund sozusagen desensibilisieren. Dann würde man in ganz kleinen Schritten den zunächst großen Abstand (unterhalb der Reizschwelle) zu dem anderen Hund verringern...

LG
Freddy

Freddy

Re: "Leinenaggression"

Beitrag von Freddy » Fr 15. Apr 2011, 11:12

Hallo zusammen,

in dem Zusammenhang stellt sich mir noch eine andere Frage: Was wäre zur Verbesserung der Leinenführigkeit, von einem sogenannten "Halti" (Kopfhalter) zu halten...wird ja öfter für diesen Zweck empfohlen.
Hat jemand damit Erfahrungen?

LG
Freddy

PS: Die Hundehalterin und ich bedanken uns schon mal für Eure Beiträge und werden versuchen etwas davon umsetzten. Ich werde mich dann zum gegebenen Zeitpunkt melden...

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